Geschichte des Pokerspiels
Diese Seite steuerte David Parlett bei. Er ist Spieleerfinder, Autorität und Historiker für Kartenspiele und der Autor vieler Bücher über Kartenspiele, darunter das Werk: The Oxford History of Card Games.
Copyright David Parlett, John McLeod, 2005. Alle Rechte vorbehalten.
- Einleitung
- Anfänge und Entwicklung
- Poker, vollständig entwickelt
- Die endgültig bestimmten Ursprünge
- Verwandte Spiele und Vorläufer
- Das Problem von As-nas
- Die Rolle von Brag
- Schlussausführungen
Einleitung
Poker ist ein Wettspiel mit fünf Karten, das mit einem Standardkartenspiel gespielt wird.
Ein Wettspiel dieser Art ist ein Spiel, bei dem die Spieler ihre Karten nicht nacheinander ausspielen, sondern darauf wetten, dass sie die höchste Kartenkombination halten, wobei sie nacheinander die Einsätze erhöhen, bis es entweder
- zu einem Showdown kommt, (alle Karten werden offen gezeigt) und dann gewinnt die höchste Kartenkombination alle Einsätze ( den Pott), oder
- alle außer einem Spieler geben auf, d. h. sie wetten nicht mehr mit und scheiden aus dem Spiel aus, und der letzte Spieler, der den Einsatz erhöht hat, gewinnt den Pott ohne ein Showdown, d. h. ohne dass die Karten vorgezeigt werden.
Es ist deshalb möglich, den Pott mit einer Kartenkombination zu gewinnen, die nicht die höchste ist, weil alle Spieler aufgegeben haben, weil sie geblufft wurden. Einer der ersten Namen für Poker war in der Tat „Bluff“. Bluffen ist beim Poker ein ebenso wesentlicher Bestandteil, wie es das Zurückhalten einer höheren Karte bei einem Stichspiel ist.
Beim Wettspiel um fünf Karten sind die einzigen gültigen Kombinationen diejenigen von fünf Karten, unabhängig von der Anzahl der Karten, die jedem Spieler gegeben wurden. Beim orthodoxen Poker sind diese, von der höchsten Kombination bis zur niedrigsten:
- Straight Flush [Farbsequenz] (das sind fünf aufeinander folgende Karten einer Farbe, wobei das Ass hoch oder niedrig sein kann, wie z. B. A-K-D-B-10 oder 5-4-3-2-A)
- Fours [Viererpasch] (das sind vier Karten gleichen Ranges und eine beliebige Karte, z. B. K– K–K–K–x)
- Full House [Volles Haus, Volle Hand] (drei Karten eines Wertes und zwei Karten eines anderen Wertes, z. B. Q–Q–Q–4–4)
- Flush [Farbe] (fünf Karten in einer Farbe, aber nicht in der richtigen Reihenfolge, z. B. B–9–8–7–3)
- Straight [Gemischte Sequenz] (fünf Karten in Folge, aber nicht in der gleichen Farbe, z. B. 10–9–8–7–6 )
- Threes [Dreierpasch, Triplet, Drilling] (drei Karten des gleichen Wertes und zwei beliebige Karten verschiedenen Ranges, z. B. 7–7–7–x–y )
- Two Pairs [Zwei Paare] (z. B. Q–Q–9–9–x)
- One Pair [Ein Paar] (z. B. 3–3–x–y–z)
- Highest Card [Höchste Karte] (das ist keine Kartenkombination; bei zwei Spielern gewinnt der mit der höheren Karte.)
(Der höchstmögliche Straight Flush, der aus A–K–D–B–10 einer Farbe besteht und der als Royal Flush bezeichnet wird, wird manchmal der Liste hinzugefügt, um so die Anzahl der Kombinationen auf die erwünschte Anzahl von Zehn zu bringen, aber es ist natürlich kein wirklicher Unterschied zum Straight Flush. Andere Kombinationen von fünf Karten, die man als Freak Hands bezeichnet, werden in den nicht orthodoxen Poker Varianten beschrieben.)
Jedes Wettspiel, das mit diesen Kombinationen von fünf Karten gespielt wird, ist eine Form des Pokerspiels, und jedes Spiel, dem das Wetten oder diese Kombinationen oder beides fehlen, ist kein Pokerspiel, selbst dann nicht, wenn es „Poker“ als einen Bestandteil des Namens hat. Z. B. sind das sogenannte Whisk(e)y Poker und Chinese Poker Hasardspiele (Geldspiele), die mit den Pokerkombinationen gespielt werden, aber beiden fehlt das Wettelement. Das erste Spiel ist ein Commerce Game, und das zweite ist ein Partition Game. Andere Spiele oder Spielkomponenten werden manchmal ins Pokerspiel integriert – wie z. B. Dealer’s Choice – aber das macht sie nicht zu einer besonderen Form von Poker. Andererseits bedeutet das nicht, dass Dealer’s Choice nicht als eine Pokervariante angesehen werden kann, wenn es echte Pokerkomponenten enthält.
Poker ist französisch-amerikanischen Ursprungs, und es ist das nationale Wettspiel der Vereinigten Staaten, auch wenn es heute weltweit in verschiedenen Formen gespielt wird. Andere Wettspiele sind Brag (ein britisches Spiel mit drei Karten), Primiera (ein italienisches Spiel mit vier Karten) und Mus (ein spanisches Spiel, ebenfalls mit vier Karten).
Anfänge und Entwicklung
Die Geburt des Pokerspiels wurde auf das erste oder zweite Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts überzeugend datiert. Es erschien in dem ehemals französischen Gebiet, dessen Zentrum New Orleans war, das durch den Louisiana Purchase von 1803 an die jungen Vereinigten Staaten kam. Die Wiege des Pokerspiels waren ganz allgemein die Spielsalons, und besonders die berühmten oder berüchtigten schwimmenden Spielsalons, die Mississippi Dampfer, die ihr Geschäft um 1811 begannen.
Die erste zeitgenössische Erwähnung von Poker findet sich in J. Hildreth’s Dragoon Campaigns to the Rocky Mountains von 1836; aber zwei nur wenig später erschienene Veröffentlichungen belegen unabhängig voneinander, dass es schon um 1829 viel gespielt wurde. Beide findet man in den veröffentlichen Erinnerungen von zwei Zeugen, die unabhängig voneinander geschrieben haben, und zwar: Jonathan H. Green, in Exposure of the Arts and Miseries of Gambling (1843) und Joe Cowell, ein englischer Komödiant, in Thirty Years Passed Among the Players in England and America(1844).
Green und Cowell beschreiben die früheste bekannte Form von Poker. Es wird mit einem Spiel von 20 Karten gespielt (A – K – D – B – 10), die gleichmäßig an vier Spieler ausgeteilt werden. Es gibt kein Ziehen, und die Wetten werden nur innerhalb weniger Kombinationen gemacht: ein Paar, zwei Paare, ‚full‘ – das so genannt wird, weil es die einzige Kombination ist, bei der alle fünf Karten zählen - und vier Gleiche. Im Unterschied zum klassischen Poker, bei dem die höchste Kombination (Royal Flush) unentschieden sein kann durch eine andere Farbe, ist die ursprüngliche höchste Kombination, die aus vier Assen oder vier Königen mit einem Ass besteht, absolut unschlagbar.
Poker mit 20 Karten ist gut dokumentiert. Jonathan Green erwähnt 1847 ein Pokerspiel mit 20 Karten, das auf einem Mississippi–Dampfer gespielt wurde, der im Februar 1833 nach New Orleans fuhr; im Buch The Reformed Gambler (1858), einer Neuauflage seines früher erschienenen Buches, erwähnt Green eine Pokerrunde, die in einem Haus in Louisville 1834 gespielt wurde. In Sol Smith’s Theatrical Management in the West and South for Thirty Years (New York, 1868) wird eine lebhafte Pokerrunde beschrieben, die auf einem Flussdampfer des Mississippi im Jahre 1835 stattfand, wobei es in der Anekdote darum geht, wie zwei Spieler von ‚niedrigen‘ Karten zu ‚hohen‘ Karten übergehen, d. h. zu Karten höher als 10.
Das zeigt, dass das Spiel mit 20 Karten vom Spiel mit 52 Karten verdrängt wurde, und zwar etwa in der Mitte der 30er Jahre. Die allmähliche Einführung des Spiels mit 52 Karten wurde zum Teil gemacht, damit mehr Spieler mitmachen konnten, vielleicht auch zum Teil deshalb, um mehr Möglichkeiten für den kürzlich eingeführten Flush zu haben (der Straight war noch unbekannt); der hauptsächliche Grund aber war wohl, dass man auf diese Weise genügend Karten zum Ziehen von Extrakarten hatte – eine kürzlich eingeführte Neuerung, die Poker vom bloßen Glücksspiel zu einem intelligenten Geschicklichkeitsspiel machte. Diese Neuerungen waren normale Bestandteile des englischen Verwandten von Poker, nämlich von Brag, wie es im frühen 19. Jahrhundert in Amerika gespielt wurde. (Brag wird heute nicht mehr in Amerika gespielt, und das moderne britische Brag unterscheidet sich wesentlich vom amerikanischen Brag des 19. Jahrhunderts.)
In dieser Form, aber immer noch ohne das Ziehen von zusätzlichen Karten, taucht Poker jetzt in den Seiten der amerikanischen ‚Hoyles‘ auf. Die erste Erwähnung findet sich in der Ausgabe von 1845 von Hoyle’s Games von Henry R. Anners, der von Poker oder Bluff spricht, und vom Poker mit 20 Karten und von 20 Karten Poke. In einem Bostoner Hoyle von 1857 beschreibt Thomas Frere ‚The Game of „Bluff“, oder „Poker“‘ als ein Spiel mit 20 Karten so kurz, dass man vermuten kann, dass es obsolet wurde. Jedoch weist Dowling darauf hin, dass es anscheinend immer noch 1857 in New York gespielt wurde, denn „In dem Jahr weist der Autor eines Führers warnend darauf hin, dass das Spiel von Poker mit 20 Karten eine der gefährlichsten Fallen sei, die man in der Stadt finden könne“.
Etwa zwischen 1830 und 1845 wurde Poker immer häufiger mit allen 52 Karten gespielt, was es möglich machte, dass mehr als vier Spieler mitmachen konnten und dass der Flush als eine zusätzliche Kombination dazu kam. Am Ende dieser Entwicklung stand die Einführung des Ziehens zusätzlicher Karten, was schon vom zeitgenössischen Brag bekannt war. Das erhöhte die Spannung im Spiel, denn es fügte eine zweite Wettphase hinzu und ermöglichte auf diese Weise, schlechte Handkarten deutlich zu verbessern, was ganz besonders der Fall war beim wertlosen, aber vielversprechenden Flush von vier Karten. Draw Poker wird das erste Mal in der amerikanischen Ausgabe von Bohn’s New Handbook of Games, S. 384 gedruckt.
Die Einführung von Poker in die englische Gesellschaft wird oft – wenn auch nur von ihm selber – General Schenck zugeschrieben, dem amerikanischen Botschafter in Großbritannien. Blackridge zitiert einen Brief von Schenck an General Young aus Cincinnati, in dem er einen Wochenendausflug auf den Besitz einer gewissen ‚Lady W.‘ in Somerset im Jahr 1872 beschreibt. Schenck war von den anderen Gästen dazu gedrängt worden, ihnen dieses besondere amerikanische Spiel beizubringen. Als Teil dieser Unterrichtung entwarf er eine geschriebene Anleitung. Einige seiner Schüler ließen diese Regeln dann in einem Büchlein drucken, worüber Schenck sehr erstaunt war, als er bei seiner Rückkehr nach Hause ein Exemplar davon erhielt.
Trotz dieser Beschreibung von Schenck gibt es wahrscheinlich eine noch frühere Erwähnung dieses Spiels in England, datiert auf das Jahr 1855. In der Biographie ihres zweiten Ehemannes von 1885 berichtet er, dass George Eliot schrieb: „Eines Abends versuchten wir, „Brag“ oder „Pocher“ zu spielen.“ (!)
Poker, vollständig entwickelt
Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an erfuhr Poker rasche Veränderungen und Neuerungen, als es durch die Umwälzungen des Civil War weiter verbreitet wurde. Stud, oder ‚stud-horse‘ Poker – eine Erfindung der Cowboys, von der man sagt, dass sie in Ohio, Indiana und Illinois eingeführt wurde – erscheint zum ersten Mal in dem American Hoyle von 1864. Mehr umstritten war die Einführung von Jack Pots. Das bedeutete ursprünglich, dass man nicht eröffnen durfte, wenn man nicht mindestens ein Paar Buben oder etwas Besseres auf der Hand hatte, und man musste eröffnen, wenn man das hatte; doch die zweite Hälfte dieser Regel wurde bald aufgegeben. (In einer Runde von fünf Spielern, wird normalerweise einem Spieler ein Paar Buben oder Besseres gegeben.) Die Absicht bei dieser Regel war, eine gewisse Disziplin in das Spiel zu bringen, weil man dadurch wilde Spieler, die auf alles wetteten, einschränkte, und man vorsichtige Spieler, die etwas auf der Hand hatten, ermutigte, nicht sofort aus dem Spiel auszusteigen wegen Spielern, die nichts auf der Hand hatten. Blackridge war gegen Jack Pots, mit dem starken Argument, „es sei das gleiche wie eine Lotterie, außer dass alle Spieler gezwungen werden, Lose zu kaufen“. Er fügt hinzu, dass man glaubt, dass diese Regel in Toledo entstanden und im Westen üblich gewesen sei, seltener im Osten, und dass sie im stärker konservativen Süden gefehlt hätte. 1897 beklagte Foster, dass „Der Jack-Pot mit seinen Spielen mit niedrigem Limit Bluff vollständig abgetötet habe – den Stolz und die Freude der erfahrenen Spieler . . .“. Nichtsdestoweniger fügt er hinzu, wobei er sich selber widerspricht: „Die beiden großen Schritte in der Geschichte und der Entwicklung des Pokerspiels sind zweifellos die Einführung des Ziehens von zusätzlichen Karten, um die Hand zu verbessern, und die Erfindung des Jack-Pots als ein Mittel gegen zu große Ängstlichkeit. . . . Beides wird bleiben.“
Draw, Stud und Jack Pots sind alle in der Ausgabe des American Hoyle von 1875 zu finden, zusammen mit Whiskey Poker, einer Form von Commerce mit Poker Kombinationen, und Mistigris, Poker mit einer 53. Karte – eine Art Joker – nämlich die „leere Karte, die jedem Spiel beigefügt ist“. (Das kommt von einer Variante von Bouillotte, in der der Kreuzbube als ein Joker auftaucht.) Zu dieser Zeit waren auch alle Pokerkombinationen allgemein anerkannt, wenn auch nicht ohne Ausnahmen. Die Ausgabe von 1875 sagt, dass vier Gleiche die höchste Hand ist, „wenn Straights nicht gespielt werden“, und das wird noch bis zur Ausgabe von 1887 wiederholt.
Es ist seltsam, wie kompliziert die Einführung des Straight war. Die Ausgabe von 1864 gibt folgende Kombinationen: ein Paar, zwei Paare, Straight Sequenz oder Rotation, drei Gleiche, Flush, Full House, vier Gleiche. Es wird hinzugefügt „Wenn ein Straight und ein Flush zusammen in einer Hand sind, dann ist es höher als ein Full“ – wohlgemerkt nicht vier Gleiche, gegen die mathematische Wahrscheinlichkeit und wahrscheinlich aus folgendem Grund. Ohne Straights und Straight Flushes, ist die höchste mögliche Kombination vier Asse (oder vier Könige mit einem Ass), und das ist nicht nur unschlagbar sondern kann auch nicht unentschieden werden. Traditionsbewusste hielten an den unschlagbaren vier Assen fest, aber sie wurden von den Erneuerern bekämpft, die das Spiel mit Straights interessanter fanden. Unter dieser Voraussetzung kann die Akzeptanz von Straights in der falschen Rangordnung als ein zeitlich beschränkter Kompromiss angesehen werden. Noch 1892 verteidigt John Keller seine Ansicht, dass der Straight „erlaubt sein sollte. Meine Autorität dafür ist heute der beste Brauch, und meine Berechtigung ist der unbezweifelbare Vorteil des Straight als einer Pokerhand.“ Er entscheidet es endgültig mit dem moralischen Argument, das seitdem immer angeführt wird – nämlich dass es unethisch und nicht gentlemanlike sei, auf etwas so Sicheres zu wetten wie vier Asse. Wenn die beste Hand ein Royal Flush ist, dann gibt es immer noch die entfernte Möglichkeit eines Unentschieden. Wie gering diese Chance auch sein mag, es ist moralisch höherstehend als auf einen sicheren Ausgang zu wetten.
Unter der Schirmherrschaft der United States Printing Company und, danach folgend der New York Sun, wurde sehr viel über die Ursprünge und Varianten des Pokerspiels geforscht. Die Absicht war, definitive Regeln aufzustellen, die das erste Mal 1904 erschienen. 1905 veröffentlichte R. F. Foster sein Buch Practical Poker, das die Ergebnisse all dieser Forschungen zusammenfasste und zusätzliches Material benutzte, das sich in der Sammlung von Kartenspielliteratur von Frederick Jessel befindet, die sich in der Bodleian Library, Oxford, befindet. Unter anderem scheint es so zu sein, dass Dealer’s Choice um 1900 immer beliebter wurde, nach Dowling. Spätere Entwicklungen können mit Hilfe der folgenden Veröffentlichungen von Hoyles, herausgegeben von der United States Playing Card Company, verfolgt werden.
Nach Draw und Stud gab es eine dritte wichtige Form des Pokerspiels, die heute durch Texas Hold`em repräsentiert wird. Es ist eine Variante, bei der eine oder mehrere Karten allen gehören. Die früheste Erwähnung dieser Spielart erscheint in der Ausgabe von 1926 unter dem Namen Spit in the Ocean. Es werden nur vier Karten an jeden Spieler ausgegeben, aber die nächste offen gelegte Karte und die drei anderen des gleichen Ranges sind Joker. Zweien als Joker erscheinen das erste Mal in der Ausgabe von 1919.
High-Low Poker, bei dem der Pott gleichmäßig zwischen der höchsten und niedrigsten Hand geteilt wird, wird bereits 1903 erwähnt (nach Morehead und Mott-Smith). Zum ersten Mal ist es in der Ausgabe von 1926 beschrieben. Es erreichte seine größte Beliebtheit in den 30er und 40er Jahren. Danach kam Lowball, bei dem nur die niedrigste Hand gewinnt.
Das moderne Turnierspiel begann mit der World Series of Poker im Jahre 1970.
Die endgültig bestimmten Ursprünge
Es gibt so viele lächerliche Behauptungen über das Alter des Pokerspiels, dass es notwendig ist festzustellen, dass Poker nicht älter sein kann als die Spielkarten. Sie wurden das erste Mal sicher belegt im China des 13. Jahrhunderts, wenn es auch einige zweifelhafte Hinweise gibt, dass sie schon ein paar Jahrhunderte früher erfunden wurden. Die ersten Spielkarten kamen um das Jahr 1360 nach Europa, nicht direkt aus China, sondern vom islamischen Mameluckenreich in Ägypten durch den Handel mit Venedig. Die Mameluckkarten selber sind nicht direkt von chinesischen Karten abzuleiten, aber sie haben eine obskure Verwandtschaft mit den geografisch dazwischen liegenden Karten von Indien und (sogar noch geheimnisvoller) von Persien (Iran). Die noch vorhandenen Mameluckkarten stammen aus einem Spiel von 52 Karten, bestehend aus vier Farben (Schwerter, Poloschläger, Kelche und Münzen) zu je 13 Karten (den Zahlkarten von 1 bis 10, dem jungen Vizekönig, dem alten Vizekönig und dem König). Die einzigen bekannten chinesischen Kartenspiele aus dieser Zeit gehören zu den Stichspielen; und wenn wir auch keine zeitgenössischen Beschreibungen haben, welche Spiele mit den Mameluckkarten gespielt wurden, ist es doch klar, dass sie für ein Stichspiel entworfen wurden.
Im 14. Jahrhundert erlebte Europa eine Explosion von verschiedenen Kartenentwürfen, Farbsystemen und der Struktur eines Satzes von Spielkarten; sie kulminierte in der Entwicklung von den wichtigsten europäischen Farbsystemen (Italienisch, Spanisch, Schweizer, Deutsch und Französisch) und der dazu korrespondierenden großen Vielfalt der dazu passenden Spiele. Ein sehr wichtiger europäischer Beitrag für die Welt des Kartenspiels war die Idee, eine Farbe zu Trumpfkarten zu machen, was zuerst in den 1420er Jahren mit der italienischen Erfindung von Tarockkarten verwirklicht wurde (zunächst wurden sie triumphi oder Triumpf Karten genannt), wenn sie auch in dem deutschen Spiel Karnöffel Vorläufer hatten. Zur gleichen Zeit wurden eine Reihe von Hasardspielen entwickelt, bei denen man auf bestimmte Kartenkombinationen wettete – oder man wollte sie bekommen – wie Flushes (Flusso, Flüsslen, usw.), Sequenzen (Quentzlen, usw.), Karten gleichen Ranges (Paare, Triplets, Quartette) und Zählspiele (wie bei Thirty-One, dem Vorläufer von Twenty-One [Blackjack] und vielleicht Cribbage). Melden und Spiele mit Zählen wurden wahrscheinlich von den Würfelspielen dieser Epoche abgeleitet oder danach entworfen; wir haben aber nicht genügend Informationen, um die damaligen Formen des Würfelspiels zu rekonstruieren.
Es ist schwierig, sich eine Art des Wettens in der Art des Pokerspiels bei den Würfelspielen dieser Zeit vorzustellen, denn diese Art des Wettens beruhte ursprünglich ausschließlich darauf, dass man die Karten, die man hielt oder zog, nur mit der neutralen Rückseite den anderen Spielern zeigen und so ihren Wert verborgen halten konnte, während das Ergebnis eines Würfelwurfs notwendigerweise offen und für alle sichtbar auf dem Tisch liegt. (Cardano sagt das in seinem berühmten Satz 1564, „Es gibt einen Unterschied zum Würfelspiel, denn das ist ein offenes Spiel, wohingegen das Spiel mit Karten aus dem Hinterhalt heraus erfolgt, weil sie [für die anderen Spieler] verborgen sind.“) Ob sie nun in Europa entstanden oder von irgendwoher eingeführt wurden – es gibt keinen Zweifel daran, dass Wettspiele mit Karten um 1500 gespielt wurden. Diese Feststellung sollte jedoch nicht so verstanden werden, dass es sich schon um ein Wettspiel in der Art des Poker handelte, denn das könnte eine sehr späte Entwicklung sein. Die früheste Art des Wettens mag mehr der Art geähnelt haben, die traditionellerweise beim englischen Spiel Brag benutzt wurde.
Es ist möglich, dass sich das Wetten bei den Stichspielen entwickelt hat, und zwar als eine Erweiterung des ‚Verdoppelns‘, wie es jetzt im modernen Backgammon üblich ist. In alten Kartenspielen wie Put und Truc bekamen zwei Spieler je drei Karten und spielten sie in Stichen, aber jeder Spieler konnte eine Verdoppelung des Einsatzes zu jeder Zeit anbieten, bevor er eine Karte ausspielte. Der andere Spieler konnte dann entweder die Verdoppelung annehmen und weiterspielen, oder er konnte die Verdoppelung ablehnen und das Spiel für sich verloren geben für den bestehenden – nicht verdoppelten – Einsatz.
Ein Problem taucht immer in der Geschichte von Kartenspielen auf, und zwar dass die Beschreibungen des Wettens niemals eindeutig sind. Zum Teil liegt es daran, dass man es leichter fand, ein Beispiel einer Runde des Wettens zu geben, ohne die Prinzipien genau anzuführen, auf denen das Wetten basiert, was zu unlösbaren Unklarheiten führt, und zum Teil liegt es daran, dass den Schreibern niemals klar war, dass es mehr als eine Möglichkeit gab. Zwei fundamental unterschiedliche Methoden des Wettens können als die Pokermethode und als die Bragmethode beschrieben werden.
Die Pokermethode: Ein Spieler, der im Spiel bleiben will, muss seinen Einsatz um den Betrag erhöhen, der nötig ist, um gleich hoch mit dem letzten Einsatz zu sein, der vom vorherigen Spieler gesetzt wurde, und er kann diesen Einsatz auch noch erhöhen. Wenn er weder das eine noch das andere tun will, muss er aufgeben. In dem folgenden Beispiel steht in der dritten Spalte die Gesamtsumme, die bis dahin von jedem Spieler gesetzt wurde, während die vierte Spalte die Summe zeigt, die sich im Pott befindet.
A | 1 | 1 | 1 |
B | 1, geht mit, erhöht um 1 | 2 | 3 |
C | 2, geht mit | 2 | 5 |
D | 2, geht mit, erhöht um 1 | 3 | 8 |
A | 2, geht mit | 3 | 10 |
B | 2, geht mit, erhöht um 1 | 4 | 12 |
C | Gibt auf | (2) | 12 |
D | 1, geht mit | 4 | 13 |
A | 1, geht mit, erhöht um 1 | 5 | 15 |
B | Gibt auf | (4) | 15 |
D | 1, geht mit | 5 | 16 |
A und D haben jetzt gleich viel gesetzt und es kommt deshalb zum Showdown. Wer von den beiden den Showdown gewinnt, der bekommt den Pott mit 16 Einheiten; vermindert um die 5 Einheiten, die er gesetzt hat, hat er einen Gewinn von 11 Einheiten.
Die Bragmethode: Bei dieser Methode muss der Spieler, der im Spiel bleiben will, einen Einsatz machen, der genauso hoch ist wie der Einsatz von dem vor ihm spielenden aktiven Spieler, und es ist nicht nur die Differenz zwischen dem Gesamteinsatz und dem Einsatz des letzten Spielers. Wie in der ersten Methode, kann er den Einsatz weiter erhöhen. Wenn er nicht gewillt ist, eins von beiden zu tun, muss er aufgeben.
A | 1 | 1 | 1 |
B | 1, geht mit, erhöht um 1 | 2 | 3 |
C | 2, geht mit | 2 | 5 |
D | 2, geht mit, erhöht um 1 | 3 | 8 |
A | 3, geht mit | 4 | 11 |
B | 3, geht mit, erhöht um 1 | 6 | 15 |
C | Gibt auf | (2) | 15 |
D | 4, geht mit | 7 | 19 |
A | 4, geht mit, erhöht um 1 | 9 | 24 |
B | Gibt auf | (6) | 24 |
D | 5, geht mit | 12 | 29 |
In diesem Fall ist der Gewinn der Pott von 29 minus dem Betrag der eigenen Einsätze; das ist beim Gewinn von A 29 – 9 = 20 und beim Gewinn von D 29 – 12 = 17.
Es gibt noch andere Varianten, besonders bei Brag. Zum Beispiel gibt es die Variante, die man ein „flat rate“ System nennen könnte. Jeder, der an der Reihe ist, muss einen festen, vorher ausgemachten Betrag seinem Einsatz hinzufügen oder aufgeben. Das Spiel wird so lange fortgesetzt, bis nur noch zwei Spieler übrig sind, von denen einer ein Showdown fordern kann, indem er eine doppelte Wette anbietet. Amerikanisches Brag, wie es in einem amerikanischen Hoyle beschrieben ist, benutzte die Pokermethode, aber eine Ausgabe von 1868 weist darauf hin, dass das Spiel auf verschiedene Weise gespielt wird und beschreibt ein anderes Vorgehen beim Wetten. Ein Spieler, der ein Paar hält (aber nichts Anderes), kann ein Showdown mit dem nächsten aktiven Spieler, der an der Reihe wäre, fordern. Dann vergleichen die beiden ihre Hände – aber ohne sie den anderen Spielern zu zeigen – und der Verlierer muss aufgeben. Das Spiel geht weiter, bis nur noch zwei Spieler übrig sind, von denen einer aufgeben oder ein Showdown fordern kann, nachdem er den Einsatz ausgeglichen hat. Diese Vorgehensweise hat insbesondere die Konsequenz, dass man zu einem Showdown gezwungen werden kann, ohne die Chance zu haben, den Einsatz zu erhöhen. In dem Spiel Bouillotte gibt es Situationen, bei denen ein Ausgleich bei den Einsätzen nicht notwendigerweise einen Showdown erzwingt, sondern der nächste Spieler, der an der Reihe ist, kann eine neue Wettrunde einleiten. Es ist auch möglich für einen Spieler, der bei letzten Erhöhung nicht mehr mithalten kann, einen Showdown für den Betrag, den er noch hat, zu fordern – er bleibt damit im Spiel, aber ohne weiter zu wetten, bis zum Showdown, wenn er natürlich nicht mehr gewinnen kann als den Betrag, den er gesetzt hatte, selbst dann, wenn es sich herausstellen sollte, dass er die höchste Kombination hielt.
Verwandte Spiele und Vorläufer
Artikel, die sich mit der Geschichte des Pokers befassen, erwähnen eine große Anzahl von Wettspielen, von denen nicht alle wichtig sind. Für eine klare Einordnung kann man diese Spiele einteilen nach der Anzahl der gegebenen Karten, was folgende Liste ergibt:
Spiele mit drei Karten: Dazu gehören Belle, Flux & Trente-un (Französisch, 17. Und 18. Jahrhundert, in Deutschland als Dreisatz bekannt), Post & Pair (Englisch und amerikanisch, 17. Und 18. Jahrhundert) und sein Abkömmling Brag (18. Jahrhundert bis heute), Brelan (Französisch, 17. Und 18. Jahrhundert) und das davon abgeleitete Spiel Bouillotte (Spätes 18. Und 19. Jahrhundert, französisch und amerikanisch). Von diesen Spielen sind Bouillotte und Brag für die Entwicklung von Poker am wichtigsten.
Spiele mit vier Karten: Dazu gehören Primiera (Italienisch, 16. Jahrhundert bis heute) und die englische Entsprechung Primero (16. Und 17. Jahrhundert), Gilet (Französisch, mit verschiedenen Schreibweisen, 16. bis 18. Jahrhundert), Mus (Spanisch, insbesondere baskisch, wird noch heute gespielt, Alter ist unbekannt), Ambigu (Französisch, 18. Jahrhundert). Keines dieser Spiele hat eine Bedeutung für das Pokerspiel.
Spiele mit fünf Karten: Dazu gehört das deutsche Pochen oder Pochspiel, das man gleichsetzen kann mit einem Spiel des 15. Jahrhunderts, das unter Bocken bekannt ist; es wurde in Frankreich zunächst mit dem Namen Glic gespielt und danach als Poque. Von allen frühen europäischen Wettspielen steht dieses Spiel am offensichtlichsten in einer Beziehung zu Poker, es hat letztendlich auch zu seinem Namen geführt. Pochen ist ein Verb, das erstens bedeutet: schlagen oder auf den Tisch klopfen, und zweitens bedeutet es: „(Ich) spiele“ oder „wette“ oder „ich erhöhe“. Das Pochspiel ist also das Spiel des Pochens, d. h. das Spiel des Klopfens oder Wettens. In seinen frühen Formen erscheint es als Boeckels, Bocken, Bogel, Bockspiel oder mit ähnlichen Ausdrücken
Pochen hat unter den deutschen Spielen eine lange Geschichte und ist auch heute noch nicht ganz ausgestorben. Man braucht ein besonderes Brett, auf dem man seine Einsätze machen kann, und das Spiel besteht aus drei Phasen: Bezahlung für bestimmte Karten, die man bekommen hat, - Wetten, wer die beste Kombination hat - und das Spielen der Karten wie in einem „Stopsspiel“ wie z. B. Newmarket oder Michigan. Eine ähnliche dreiteilige Struktur gehört auch zu Belle, Flux & Trente-un, bei denen im zweiten Teil die Spieler wetten, wer den besten Flush hat, - und es gehört auch zu Post & Pair, bei dem im zweiten Teil gewettet wird, wer das höchste Paar oder den höchsten Dreierpasch hält. Eine frühe Form von Brag wurde auch als ein Spiel gespielt, bei dem man dreimal setzen musste, und ein ähnliches Muster gibt es bei Mus – wo jedoch der erste Teil in zwei Teile gespalten wurde, wodurch es ein Spiel von vier Phasen wurde.
Man kann annehmen, dass echte Spieler den mittleren Teil dieser Spiele – das Wetten – interessanter fanden als den ersten Teil, bei dem man einen Einsatz gewann, weil man die beste Karte zugeteilt bekommen hatte („die Belle“), und interessanter als den dritten Teil, bei dem man gewann, wenn man eine Karte zog, mit der man am nächsten auf den Wert von 31 kam (oder in einigen Spielen, bei denen man eine Variante von Stops spielte). Wenn man das so ansieht, dann kann man Brelan charakterisieren als eine konzentrierte Form von B-F-&-31, Brag als eine konzentrierte Form von Post & Pair und Poker als eine konzentrierte Form von Poch.
Wenn man annimmt, dass Poker in einem Gebiet entstand, das kulturell zu Frankreich gehörte, dann ist der wahrscheinlichste direkte Vorfahre Poque, die französische Variante von Pochen. Poque erscheint zum ersten Mal unter diesem Namen im späten 16. Jahrhundert, aber es wurde vorher in Frankreich unter dem Namen Glic gespielt. Es blieb bekannt bis weit in das 19. Jahrhundert hinein, und erlebte eine kurze Blüte in der Mitte des Jahrhunderts, als es „Bog“ geschrieben wurde. Die französische Entsprechung von „Ich poche eins“ ist „Je poque d’un jeton“ (Ich setze [oder wette] eine Einheit), und Poque bezeichnet eine der sechs Vertiefungen für die Einsätze. Das End - e wird kurz wie ein neutraler Vokal ausgesprochen, und das kann erklären, warum nicht französisch sprechende Amerikaner das Wort als ´Poker´ hörten und weitergaben und nicht als ´Poke‘. Louis Coffin schreibt: „Der französische Name war Poque, ausgesprochen Poke, und die Amerikaner im Süden veränderten die Aussprache zu zwei Silben als Pokuh oder Poker“. Das scheint sinnvoller zu sein als eine fantasievolle Ableitung von ´Poke‘ als einem verwandten Wort von ´Pocket‘.
Poque war jedoch ein Spiel in drei Phasen, das mit bis zu sechs Spielern mit einem Kartenspiel von 32 Karten gespielt wurde, wohingegen die früheste Form von Poker ein einphasiges Spiel mit 20 Karten war, die gleichmäßig unter vier Spielern verteilt wurden. Wenn Poker ursprünglich auf Poque basierte, müssen wir annehmen, dass es sich ganz natürlich innerhalb einer Spielgemeinschaft entwickelte, die mit einem Wettspiel mit 20 Karten bereits vertraut war und sich entschied, dasselbe verkürzte Kartenspiel für eine neue Variante von Poque zu benutzen, die nur auf dem Wetten basierte. Ein möglicher Kandidat für diesen Einfluss könnte das zeitgenössische und gleichermaßen französische Spiel Bouillotte sein, das ebenfalls mit vier Spielern und einem Kartenspiel von 20 Karten gespielt wurde, wenngleich jeder Spieler nur drei Karten erhielt und die oberste Karte des Talons aufgedeckt wurde, um einen Viererpasch zu ermöglichen. Dies würde jedoch zu einem Wettspiel mit fünf Karten führen, bei dem die einzigen wertvollen Kombinationen Viererpasch und Dreierpasch wären. Um die Einführung von einem und zwei Paaren und von Full House zu erklären, müssen wir dann entweder annehmen, dass es natürliche Erweiterungen waren, die sich schon in das Popue-Spiel selber eingefügt hatten, oder man muss sich nach einem anderen Spiel umsehen, von dem diese Neuerungen kommen könnten. Das bringt uns zu einem neuen Problem:
Das Problem von As-nas
Es gibt umstrittene Ansichten, dass ein möglicher Beitrag für Poker ein persisches Wettspiel mit fünf Karten ist, und zwar As-nas. Es soll durch die Vermittlung von „persischen Seeleuten oder Franzosen, die in französischen Diensten in Persien waren“ – die Bedeutung dieses Satzes ist unklar - geschehen sein. Das Problem dieser Theorie ist, dass sie nur auf einer großen Ähnlichkeit [mit Poker] basiert und dass es absolut keine zeitgenössischen Belege gibt, denn die frühesten Beschreibungen von As-nas gibt es nicht vor den 1890er Jahren. Die erste, sehr kurze Beschreibung stammt von Aquarius aus dem Jahr 1890; die zweite befindet sich bei Stewart Culins Katalog von 1895 für eine Ausstellung von „Spielen und Mitteln für die Vorhersage der Zukunft“ unter dem kurzen Titel Chess and Playing Cards. In Verbindung mit einigen unvollständigen persischen Spielkarten, die man allgemein als ganjifeh bezeichnete, konsultierte Culin einen gewissen General A. Houtum Schindler aus Teheran und erhielt eine Antwort, in der As-nas beschrieben wurde, wobei er Ausdrücke benutzte, die denen von Poker bemerkenswert ähnlich waren.
Die folgende Tabelle zeigt die frühesten Formen von Poker im Vergleich mit Schindlers Spiel und die beiden wichtigsten zeitgenössischen französischen Wettspiele.
|
Bouillotte |
Poque |
As-nas |
Poker I |
Brag |
Poker II |
Spieler |
4 (3, 5, 6) |
4 (3, 5, 6) |
4 |
4 |
3 - 6 |
3 -6 |
Karten |
20 (28) |
32 (36) |
20 |
20 |
52 |
52 |
Ausgeteilte Karten |
3 |
5 |
5 |
5 |
3 |
5 |
Offene Karte |
ja |
ja |
nein |
nein |
nein |
nein |
Ziehen von Karten |
nein |
nein |
nein |
ja |
ja |
ja |
Kombinationen |
Fours |
Fours |
Fours |
Fours |
- |
Fours |
As-nas und Poker mit 20 Karten sind einander sehr ähnlich (wenn auch Schindler keinen Viererpasch erwähnt – wahrscheinlich eine Flüchtigkeit. Die originalen Beschreibungen von Poker mit 20 Karten geben unglücklicherweise nicht die Rangreihenfolge der Kombinationen an). Schindlers Beschreibung lässt auch die Möglichkeit offen, dass man weiter steigern kann, wenn alle bis dahin den gleichen Einsatz gebracht haben: es hängt ab von der genauen Bedeutung des Satzes: „Wenn die Einsätze aller Spieler gleich sind und keiner erhöht mehr“. (Bezeichnet „und“ hier eine zweite Bedingung für einen Showdown, oder verstärkt es nur die erste Bedingung?)
Es erhebt sich natürlich die Frage, auf welche Weise ein Einfluss [von As-nas auf Poker] erfolgt sein könnte. Zugunsten des höheren Alters von As-nas spricht, dass As-nas Karten – eine Sonderform von persischen ganijifeh Karten – schon früh, um 1800 in Persien belegt sind, allerdings ohne irgendeinen Bericht darüber, wie ein Spiel damit gespielt wurde. Dagegen spricht:
- Das Fehlen irgendeiner Beschreibung des Spiels vor dem Jahr 1890,
- die Tatsache, dass Ass kein persisches Wort ist und sich offensichtlich von dem französischen Wort für Ass ableitet,
- die Wahrscheinlichkeit, dass As-nas eher von einem europäischen Wettspiel herkommt und nicht umgekehrt.
Die Rolle von Brag
Untersuchungen von Jeffrey Burton haben mehr über die Bedeutung von Brag für die Entwicklung von Poker herausgefunden. Brag ist das englische nationale Wettspiel und bleibt noch heute in Britannien populär, obgleich es in den letzten 100 Jahren wesentliche Entwicklungen erfahren hat; und es ist auf eine soziale Schicht beschränkt, die sich nur unwesentlich mit der von Poker überschneidet. Brag ist zuerst von Lucas im Jahr 1721 beschrieben worden. Grundsätzlich ist Brag der mittlere Teil der Spiele in drei Phasen: Post and Pair, oder Belle Flux et Trente-un. Die meiste Zeit im 18. Jahrhundert war es in denselben Gesellschaftskreisen beliebt, die Whist spielten, besonders bei den Damen. Das begründet die Tatsache, dass Hoyle selber sogar eine Abhandlung darüber schrieb, die er 1751 veröffentlichte. Brag – was ´wetteifern‘ oder ´bluffen‘ je nach dem Zusammenhang bedeutet – ist ein Wettspiel mit drei Karten. Die Variante, die von Lucas beschrieben wurde und die bis zum letzten Viertel des 20. Jahrhunderts die Grundlage der meisten gedruckten Beschreibungen war, ist tatsächlich eine Form, bei der dreimal gesetzt wird, aber zur Zeit der ausführlichen Beschreibung von Hoyle hatte es nicht mehr die beiden äußeren Phasen. Letzterer beschreibt ein Spiel, das von fünf Spielern mit einem Kartenspiel von 22 Karten gespielt wurde, oder von sechs Spielern mit 26 Karten, von denen vier – die schwarzen Buben und die roten Neunen - ´Braggers‘ genannt wurden und jede Karte ersetzen konnten, aber sie konnten auch ihren eigenen Wert haben. Auf die erste Runde des Wettens folgte ein „Ziehen“, um jedem Spieler die Möglichkeit zu geben, ein Paar zu einem Pair-royal oder eine einzelne Karte zu einem Paar oder Pair-royal zu verbessern, indem er Karten abwarf und indem er neue Karten vom Talon „aufnahm“. Vorausgesetzt, dass die geringe Anzahl der Karten in diesem Spiel – man konnte nur von 7 oder 8 Karten ziehen , so dass nur ein Maximum von einer Karte für jeden möglich war – einzig und allein von dieser bekanntermaßen unzuverlässigen und unklaren Quelle stammt, dann kann man annehmen, dass Brag meist mit allen 52 Karten gespielt wurde, und dass Hoyle irgendeine lokale oder zeitlich begrenzte Abweichung beschrieb.
Burton nimmt an, dass Brag von englischen Auswanderern in der späten Kolonialperiode nach Amerika kam, und zwar von britischen Kolonialbeamten und vielleicht von Amerikanern, die von einem transatlantischen Besuch nach Hause kamen. Zuerst wurde es hauptsächlich in den Kolonien des Südens auf ihren Plantagen gespielt – Virginia, Maryland, Nord- und Südcarolina –um 1800 wurde es auch in Neuengland populär, ebenso wie in den südlichen Staaten der jungen Republik. Die erste Beschreibung im The New Pocket Hoyle (Philadelaphia, 1805) wurde bis weit in das 19. Jahrhundert hinein wörtlich in einer Reihe von amerikanischen Hoyles nachgedruckt. Das Spiel selber aber war um 1850 herum dabei zu verschwinden – oder, besser gesagt, mit Poker zu verschmelzen, dem es das Ziehen (the Draw) gegeben hatte. Bis zu der Zeit jedoch, wie Burton sagt, gibt es eine Menge von beweiskräftigen Belegen, dass die Regeln und die Verfahrensweise beim Spiel mehr oder weniger dieselben waren wie in den Goldgräberstädten Kaliforniens am Ende der 1840er Jahre, so wie sie auch in den Spielsalons von Mobile oder New Orleans in den 1820er Jahren und in den Tavernen von Washington oder New York zwanzig Jahre zuvor gespielt wurden.
Er fährt fort, dass Brag „während einer Zeit von nicht mehr als fünf oder sechs Jahren, ungefähr zwischen 1848 und 1853, verschwand. Was war geschehen? Das Ziehen von Extrakarten bei Brag war in das neue Spiel Poker mit einem vollständigen Kartenspiel von 52 übernommen worden. Poker mit Kartenkombinationen von fünf Karten ergab mehr unterschiedliche Kombinationen als eine Hand bei Brag, in der das Pair – royal (der Dreierpasch) und ein Paar die einzigen Kombinationen waren, die von amerikanischen Spielern anerkannt wurden. Von daher kommt es, dass – als das Ziehen von Zusatzkarten von Brag auf Poker übertragen wurde – das Spiel mit drei Karten in ganz kurzer Zeit seine Anhänger verlor. Das Ergebnis dieser Verschmelzung hätte man Fünf-Karten Brag nennen können; aber es wurde stattdessen Draw Poker genannt.“
Schlussausführungen
Keiner weiß wirklich, wie ein klassisches Kartenspiel wirklich entstand, weil ihre Erfinder in der Zeit seiner Entstehung nicht wissen, dass es ein klassisches Spiel werden wird, und deshalb gibt es keine Aufzeichnungen. Jedenfalls findet der Entstehungsprozess selten an einem Spieltisch statt, sondern meistens innerhalb einer Gruppe von Spielern in einer bestimmten Gegend. So verbreiten sich Spielideen und ihre Varianten, ohne dass irgendwer genau weiß, wer sie sich zuerst ausgedacht hat. Zu dem Zeitpunkt, wenn eine Spielbeschreibung in einem Buch erscheint, haben sich bereits einige feste Regeln herausgebildet, und das Spiel kann dann schon älter als eine Generation sein, was besonders der Fall ist, wenn Spiele in einer Gesellschaft gespielt werden, die ihre kulturellen Besonderheiten eher mündlich als schriftlich weitergibt. Die folgende Zusammenfassung der Entstehung von Poker ist deshalb nicht mehr als eine Mutmaßung, sie stimmt aber zumindest mit den Belegen, die oben dargelegt wurden, überein.
Das ursprüngliche Pokerspiel, - ein Spiel, bei dem vier Spieler jeder fünf Karten von einem Kartenspiel mit 20 Karten erhielt und wettete, wer die beste Kombination auf der Hand hatte – entstand offensichtlich in New Orleans irgendwann zwischen 1810 und 1825. Es wurde in dem französisch sprechenden Spielermilieu der Spielsalons auf dem Wasser gespielt, insbesondere auf den Mississippi Dampfern. Der Name lässt vermuten, dass die ersten Spieler der Meinung waren, dass sie die Tradition eines Spiels, genannt Poque, fortsetzten, weil jemand, der das Wetten begann, sagte „Je poque“. Zu dieser Zeit und in dieser Gegend und bevor es sich weiterentwickelte, bezeichnet Poque wahrscheinlich ein Wettspiel mit fünf Karten, das der mittlere Teil eines ehemals dreiteiligen Spiels mit dem gleichen Namen war. Der früheste Vorfahre muss das im Wesentlichen ähnliche deutsche Spiel Poch (Pochen, Pochspiel) sein, das man bereits im 15. Jahrhundert nachweisen kann.
Poque wurde mit 32 oder 36 Karten von bis zu sechs Spielern gespielt. Der Übergang zu einem Spiel mit 20 Karten für vier Spieler könnte der Einfluss des bekannten zeitgenössischen französischen Wettspiels Bouillotte gewesen sein oder der vermutete Einfluss des persischen Spiels As-nas, oder der Einfluss von beiden. As-nas wäre der ideale Kandidat, wäre da nicht die Tatsache, dass es keinerlei Beweise für irgendeine Kenntnis dieses Spiels zu dieser Zeit und für diese Region gibt
In den 1830er Jahren, nachdem Poker sich in nördlicher Richtung den Mississippi aufwärts und in westlicher Richtung mit der vordringenden Frontier ausgebreitet hatte, nahm es den anglisierten Namen an und wurde immer öfter mit 52 Karten gespielt, um eine höhere Anzahl von Spielern zu ermöglichen; und dadurch ergab sich die Möglichkeit der zusätzlichen, anerkannten Kombination Flush. Unter dem Einfluss von Brag, dem sehr ähnlichen britischen Spiel mit drei Karten, führte es das Ziehen zusätzlicher Karten ein. Das führte zu einer weiteren und schnelleren Zunahme an Popularität, weil Pokerspieler, die nun die Möglichkeit hatten, eine vielversprechende Hand zu verbessern, die zusätzliche Wettrunde schätzten, und Bragspieler schätzten die erweiterten Kombinationsmöglichkeiten einer Hand mit fünf Karten. Draw Poker (Poker mit dem Ziehen zusätzlicher Karten), wird das erste Mal um 1850 beschrieben, und das markiert den Endpunkt der Entwicklung von dem, was Allen Dowling berechtigterweise „Den großartigen amerikanischen Zeitvertreib“ nennt; ein Spiel, das - wie Burton bemerkt - ebenso gut „Brag mit fünf Karten“ hätte heißen können.