Dappen

Wappen der Republik Baden
Schwarzwälder Tapptarock

Einleitung

Dap­pen ist ein unterhaltsames Tarock­karten­spiel in grösserer Runde (6 oder 7 Spieler), das in weni­gen Orten im Schwarzwald mit Cego-Kar­ten gespielt wird. Die Spieler hat Achim Laber im Jahr 2024 ausfindig ge­macht.

Dappen ist, Stand Juli 2024, neben Cego und Dreierles das dritte bekannt gewordene echte Tarockspiel mit Cegokarten aus Baden. Wegen seiner Einfachheit eignet es sich gut als Einführung in Spiele dieser Gruppe.

Kulturgeschichtlich verbinden besonders das Dappen in Furt­wangen im Hoch­schwarz­wald und der Fund eines handgeschriebenen Regelblattes (für ein Spiel mit 3 bis 7 Spielern) das Spiel mit dem Tarock im süd­schweize­rischen Wallis.

Die folgenden Regeln basieren auf einem Spielabend in Furtwangen, Mitteilungen von Spielern, teilweise aus heutiger Praxis, teilweise aus der Erinnerung.

Karten

Das Cego-Blatt

hat 54 Karten. Das am meisten verbreitetste Bild ist heute (in den 2020er Jahren) das Adler-Cego, das einfach Cego heisst.

Die Kar­ten mit den grossen Ziffern, num­me­riert von 1 (Geiss) bis 21 (Mund / Mond) und darüber der Gstiess (oder Stiess, eine Nar­ren­figur) sind Trumpf.

Geiss Mond Gstiess

Dazu gibt es in den Farben Kreuz ♣, Pik (Schippe) ♠, Herz ♥, Karo (Eckstein) ♦ je 4 Bilder: König, Dame, Ritter (Reiter, Cavalls), Bube.

Auf die Buben folgen die Leeren / Brettle, in ♠ und ♣: 10, 9, 8, 7; in ♥ und ♦: A, 2, 3, 4 (rote Leere in umgekehrter Rangfolge).

Zur Aussprache «Stiess» oder «Gstiess»: Im Hochschwarzwald (der einzigen Gegend in Baden, wo bisher Dappen bekannt ist), spricht man es mit Anlaut-G aus, insgesamt findet man in den Quellen (zu Cego) genauso häufig die Aussprache ohne «G».

Wert der Karten

  • Gstiess, 21, 1* = 5
  • Könige* = 5
  • Damen = 4
  • Ritter = 3
  • Buben = 2
  • andere = 1

*) Könige, Gstiess, 21 und 1 seien 5er genannt.

Die Karten werden paarweise zu­sam­men ge­zählt und 1 vom Paarwert abge­zo­gen. Über­zählige Ein­zel­karten sind 1 we­ni­ger Wert als an­ge­geben. Praktisch paart man, wenn möglich, hö­her­wer­tige mit einwertiger Karte = höher­wertige; übrige einwertige dann paarweise = 1 (ver­mei­det Klumpen höherwertiger Karten vor dem Mischen für das nächste Spiel). Der Ge­samt­wert der Kar­ten ist 79, bzw. 78 wenn beide Par­teien je eine über­zäh­lige Karte haben.

Spielziel

Es spielt einer gegen alle anderen und ver­sucht, wenigstens die Hälfte der Kar­ten­punkte zu gewinnen. Der Allein­spie­ler kann die Karten eines gros­sen Talons (Dapp, Leger) zur Ver­besse­rung seiner Hand benutzen.

Referenz für die Grundregeln sei die

Variante von Breitnau

«Die erste Variante die hier vorgestellt wird, ist die einfachste Variante wie sie Willi Wangler aus seiner Jugend kennt. Möglicherweise fehlen in diesen Regeln bereits einige Details, die noch vor Jahrzehnten gespielt wurden. Es ist aber auch in dieser Form ein einfaches, gut spielbares und schönes Spiel. Davon konnten wir uns bereits Mitte der 2010er Jahre im Naturfreundehaus in Breitnau überzeugen.» (Achim Laber)

Spielerzahl, Geben, Partie

Es gibt 6 oder 7 aktive Spieler. Spiel­rich­tung ist rechtsherum, gegen den Uhr­zeiger. Bei 8 Spielern setzt der Geber je­weils aus. Es muss verabredet werden, ob ein nicht­spielender Geber zur Gegen­partei zählt oder nicht an der Zahlung des Spielergebnisses teil­nimmt. Der Geber mischt und lässt links ab­heben.

Im Spiel zu sechst gibt der Geber zu­erst jedem 4, legt dann 6 dapp (ver­deckt auf den Tisch), dann jedem 3 (zu­sam­men 7) und dann nochmal 6 dapp (ins­gesamt 12). Im Spiel zu siebt erhält jeder zwei­mal 3 = 6 Karten.

Es ist genauso möglich, in jeder Runde zuerst die Dappkarten zu legen, und dann die Karten an die Spieler zu geben.

Nach den Spiel gibt der Spieler rechts vom alten Geber zum neuen Spiel.

Die Partie endet, wenn sich die Spieler darauf einigen.

Solofrage

Beginnend mit dem Spieler rechts vom Geber sagen die Spieler der Reihe nach, ob sie Solo spielen wollen. Wer das nicht will sagt «Fort Solo!» oder einfach «Fort!». Im Solo nimmt der Allein­spieler den Dapp nicht auf, er bleibt bis nach Spielende ver­deckt liegen. Will jemand Solo spielen, ist die Bietrunde zu Ende.

Bieten

Will niemand Solo spielen, erklären die Spieler der Reihe nach ob sie dap­pen. Falls ein Spieler dappt und ein fol­gen­der Spieler möchte das ebenfalls, kann gesteigert werden: die erste Stei­ge­rung heisst Strecken, die zweite Stupfen. Der Spieler, der vorher geboten hat, kann die Steigerung halten («selber»), dann kann der Steigerer nochmals höher bieten.

Will niemand Solo spielen oder dap­pen, werden die Karten zu­sam­men ge­wor­fen («Das Spiel kommt ins Loch»), der nächste gibt.

Dapp aufnehmen und drücken

Im Dappen und seinen Steige­rungs­stufen nimmt der Allein­spieler den Dapp in seine Hand auf, ohne die Kar­ten den anderen zu zeigen, und drückt (legt ver­deckt ab) 12 Karten seiner Wahl. Aus­nahme: 5er drücken ist nicht erlaubt!

Spiel der Karten

Der Alleinspieler beginnt und spielt eine Karte seiner Hand offen auf den Tisch. Die anderen Spieler legen der Reihe nach eine Karte offen dazu. Die angespielte Farbe oder ein an­ge­spiel­ter Trumpf muss bedient werden. Wer nicht bedienen kann muss Trumpf spielen. Wer weder bedienen noch trump­fen kann, spielt eine beliebige Karte.

Den Stich gewinnt der höchste Trumpf; wenn kein Trumpf gespielt wurde, die höchste Karte der an­ge­spielten Farbe.

Der Stichgewinner spielt zum nächs­ten Stich aus.

Wertung

Der Dapp zählt zu den Stichen des Allein­spielers wenn dieser wenigstens einen Stich macht, sonst fällt er an die Gegen­spieler.

Nach dem Spiel zählen beide Parteien den Wert ihrer Karten. Wer weniger als 40 hat, hat verloren. Bei Gleich­stand 39:39 (mög­lich im Spiel zu siebt) ge­winnt der Allein­spieler. Gewinnt der Allein­spieler, erhält er von jedem Gegen­spieler den Spielwert (ge­winnt also den 5- oder 6-fachen), sonst zahlt er ihn an jeden Gegenspieler.

Der Wert des Spiels ist: Differenz der Ver­lierer zu 40, mal Spiel­faktor, auf­ge­run­det auf den nächs­ten 10er.

Der Spiel­faktor ist: Solo 2, Dappen 1, Strecken 2, Stup­fen 3.

Variante Furtwangen

Nach diesen Regeln haben Sally Prime, John McLeod, Ulf Martin und Achim Laber auf Einladung der Familie Klausmann vertreten durch Mutter Margit, Simone, Nils und Bernd, am 3. Juli 2024 in der Gaststätte Krone in Furtwangen OT Schönenbach gespielt. Dem Spielabend ging ein intensiver Mailwechsel mit Margit Klausmann voraus, um Regeldetails zu klären. Grossen Dank an alle Beteiligten!

«Die Regeln stammen von Margit Klausmann aus Furtwangen, die das Dappen als Kind von ihrem früh verstorbenen Vater aus Schönwald gelernt hat. Durch ihre Schwiegermutter aus Neukirch wurde das Spiel wiederaufgefrischt. Nach ihren Erinnerungen handelte es sich dabei um identische Regeln. Im Familienkreise mit den Großeltern und ihren 5 Kindern wird es regelmäßig gespielt. In Furtwangen gibt es eine Gruppe älterer Frauen die sich einmal im Monat in einem Lokal treffen und es dort spielen.» (Achim Laber)

Spielarten

Zuerst wird nach Solo ge­fragt. Will niemand Solo spielen, gibt es nur Dap­pen und als Stei­gerung Strecken, das vom Dap­per gehal­ten werden kann (gestre­ckter Dapper).

Um ein Dappen zu bieten, zieht ein Spieler den Dapp langsam zu sich ohne sich die Kartenwerte anzuschauen und guckt herum, ob jemand anderes strecken will. Ist das der Fall, lässt der Dapper entweder den Dapp los um dem Strecker das Spiel zu übergeben, oder er nimmt den Dapp endgültig an sich, wenn er selber spielen will.

Hält der Allein­spieler vor oder nach Aufnahme des Dapp alle sieben 5er auf der Hand, dann zeigt er das vor und es zählt als gewon­nener Marsch.

Pflichtdappen

Es gibt zwei Fälle, in denen ein Spieler dappen muss, wenn das bis dahin keiner getan hat.

(a) Der Spieler hält zu seinem höch­sten Trumpf soviele Trümpfe, wie zum Rang des Gstiess fehlen: Gstiess allein oder wei­tere Trümp­fe, 21 und wenigs­tens ein weiterer Trumpf, 20 und wenigstens zwei, 19 und drei, usw. (Sei T die Zahl der insgesamt gehaltenen Trümpfe, H der Rang des höchsten davon, und S = 22 der Rang des Gstiess. Dann muss ein Spieler dappen, wenn T+H > S.)

(b) Der Spieler sitzt vor dem letzten aktiven Spieler in der Reihe (also vor dem Geber, wenn der mitspielt, sonst vor dem Spieler links vom Geber).

Als «Kindervariante» gilt bei den Klausmanns das Spiel ohne Regel (a). Es scheint keine Regel für den Fall zu geben, dass ein Spieler sein Pflichdappen nach Regel (a) versäumt. Pflichtdappen nach Regel (b) lässt sich immer durchsetzen.

Spiel des Gstiess (Gstiesieren)

Der Gstiess hat eine Doppelrolle. Nor­malerweise ist er höchster Trumpf.

Gstiesieren – Ein Gegenspieler, der den Gstiess hält, kann sich entscheiden, den Gstiess nicht zu spie­len, wenn er an­son­sten müsste, weil Trumpf gefor­dert ist und der Gstiess sein einziger Trumpf ist. In diesem Fall verliert der Gstiess seine Stich­kraft und wird im letzten Stich vorgezeigt und zu den Stichen der eigenen Partei abge­legt. Vorher angesagt wird das Gstiesieren nicht. Falls der Gstiesierer eigent­lich zum letzten Stich anspielen müsste, macht dies statt­dessen der Spieler zu seiner Rechten. Gewinnt der Alleinspieler den letzten Stich, müssen die Gegenspieler ihm eine ein­wertige Karte geben (damit die Kar­ten­zahl im Stich richtig ist).

Wertung

Typischerweise werden Geldmünzen zur Markierung des Spielergebnisses ver­wendet. Es wird verabredet, ob ein Wer­tungs­punkt ½ Cent (halbes Spiel) oder 1 Cent (volles Spiel) zählt.

Jeder Verlierer zahlt an jeden Gewinner die Differenz der Kartenpunkte zu 40, mal dem ver­ein­bar­ten Centbetrag, kauf­männisch gerundet auf das nächste Viel­fache von 5 Cent, mindestens aber 5 Cent (wenn der gerun­dete Wert 0 ist).

Der so berech­nete einfache Cent­betrag wird ver­doppelt für ein gewon­nenes Solo (ein ver­lo­renes zählt einfach), Strecken und gestreck­ten Dapper.

Tabellen: Wertungspunkte in Cent

Jeweils einfacher Centwert (vor allfälliger Verdopplung) entsprechend den Kartenpunkten der Verlierer. Mindestwert 5 Cent.

Halbes Spiel (½ Cent mal Differenz der Kartenpunkte zu 40)

39–26  Punkte  =  5  Cent
25–16    »  =  10    »
15– 6    »  =  15    »
 5– 0    »  =  20    »

Volles Spiel (1 Cent mal Differenz der Kartenpunkte zu 40)

39–33  Punkte  =  5  Cent
32–28    »  =  10    »
27–23    »  =  15    »
22–18    »  =  20    »
17–13  Punkte  =  25  Cent
12– 8    »  =  30    »
 7– 3    »  =  36    »
 2– 0    »  =  40    »

Im Familienspiel der Klausmanns wird nicht um Geld gespielt, die Münzen dienen nur als Spielmarken. Organisiert wird das so: Jeder Spieler erhält einen Teller mit Münzen im Gesamtwert von 200 Cent (halbes Spiel; beim vollen 500 Cent) in der Stückelung 5-, 10-, 20- und 50-Cent-Münzen. Jeder Teller muss den gleichen Betrag enthalten. Die Münzen werden einer grossen Geldbörse entnommen. Ein oder zwei Extrateller werden bereitgestellt, falls einem die Münzen ausgehen. Nach Spielende zählt man das Ergebnis aus und die Münzen gehen danach wieder zurück in die grosse Geldbörse.

Marsch

heisst, eine Seite hat alle Stiche gewonnen. Sind die Gegenspieler marschiert, muss der Alleinspieler den Dapp abgeben. Ist der Alleinspieler marschiert, muss die Gegenpartei einen gstiesierten Gstiess abgeben. Anders gesagt: Ein Marsch zählt immer 40 Differenzpunkte für die Sieger.

Den Marsch eines Alleinspielers zahlt normalerweise jeder Gegenspieler. Hat ein Gegenspieler allerdings gedappt, gestreckt oder gstiesiert, muss dieser den Marsch des Alleinspielers allein zahlen, denn in diesen Fällen war zu erwarten, dass er einen Stich machen und damit den Marsch hätte verhindern können. Haben in diesem Fall ein Gegenspieler gedappt oder gestreckt und ein anderer gstiesiert, teilen sie sich die Zahlung.

Es gibt die Variante, dass der für den Marsch verantwortliche Gegenspieler nur den halben Betrag allein zahlt, und sich alle die andere Hälfte teilen. Ob ein Marsch, der dadurch zustande kommt, dass der Alleinspieler alle 7 5er hält (s. Spielarten) ebenfalls ggf. unter die Alleinverantwortlichkeit eines Gegenspielers fällt, oder ob man die Zahlung immer aufteilt (weil es sich um einen Glückstreffer handelt), muss vorher vereinbart werden.

Ulti

Diese Wertung ist bisher nur aus Furtwangen bekannt.

Ultikarten sind Geiss, 2 und 3. Der Alleinspieler kann versuchen zu ge­win­nen:

  • (einfacher Ulti) den letzten Stich mit 1, 2 oder 3;
  • (doppelter Ulti)
    • vorletzter Stich mit 2 und letzter mit 1, oder
    • vorletzter mit 3 und letzter mit 1, oder
    • vorletzter mit 3 und letzter mit 2;
  • (dreifacher Ulti) die letz­ten drei Stiche mit 3, 2 und 1 in absteigender Reihenfolge.

Die Karten werden vor dem Spiel der ersten Karte offen ausgelegt und dürfen vor den ihnen zugeordneten Stichen nicht gespielt werden, wenn der Spieler eine andere Mög­lich­keit hat. In den Ulti­stichen werden sie vom höchs­ten Wert abwärts gespielt.

Die Ultis werden einzeln gewonnen oder verloren, nicht en bloc.

Die Wer­tungs­punkte eines Ultis richten sich nach der Karte: Wert der 3 ist 10, 2 = 20, 1 = 30.

Es wird wieder vereinbart, ob ein Ulti­punkt halb = ½ Cent zählt (dann sind die Ultis 5, 10 und 15 Cent wert) oder voll = 1 Cent (10, 20 und 30 Cent).

Die Ultiwertung ist unabhängig von der der Kartenpunkte. Etwaige Verdoppelungen (bei gewonnenem Solo oder nach Strecken) werden nicht auf die Ultis angewandt.

Die Festlegung halb oder voll für die Ultis ist unabhängig von der für die Kartenpunkte. Man kann beides halb werten, oder Karten voll und Ultis halb, oder beides voll, oder (selten) Karten halb und Ultis voll.

Fachausdrücke

Gestohlen heisst ein Dapp-Gebot, wenn die Handkarten eigentlich nicht für ein Alleinspiel ausreichen und der Bieter hofft, doch noch geeignete Karten zu finden.

Fahren tut der Alleinspieler, wenn er Trumpf anspielt um die Trümpfe der Gegenspieler zu ziehen.

Variante Schollach

Alois Schuler erinnert das Folgende: Man spielt nur zu sechst, bei sieben setzt der Geber aus. Es gibt die Spiele Solo, Dappen und Strecken (gegen Dappen), kein Stupfen. Wie in Furtwangen ist Gstiesieren möglich. Ultis gibt es nicht.

Variante Buchenbach

«Die Regeln stammen von Thomas Eckmann der ursprünglich aus Buchenbach kommt.» (Achim Laber)

Spielarten

Man spielt nur zu sechst.

Gegen ein Solo (Faktor ge­won­nen 1, verloren 2) kann ein anderer Spieler strecken (Fak­tor 2) und den Dapp auf­neh­men. Strecken kann weder ge­stei­gert noch gehalten werden.

Wenn kein Solo geboten wurde, sind die Steigerungen des Dappen (1):

Ein Hannes (2): Der Alleinspieler hält einen König (Hannes).

Zwei Hannes (3): Der Allein­spieler hält zwei Könige.

Geiss (4): Der Alleinspieler hält Geiss.

Da die gehaltenen Karten 5er sind, dürfen sie nicht gedrückt wer­den. Der vorige Bieter kann das höhe­re Gebot halten, worauf der andere das nächst­höhere Spiel bieten kann usw. Sprung­gebote (Zwei Hannes nach Dap­pen, Geiss nach Ein Hannes) sind nicht er­laubt. Ein höheres Spiel, als das zu­letzt gebo­tene, darf der Alleinspieler nicht ansagen.

Spiel der Karten

In den ersten drei Stichen muss Trumpf gespielt werden. Diesen Stichen sind die 5er-Trümpfe zu­ge­ord­net: Gstiess muss im ersten Stich gespielt werden (Gstiesieren gibt es nicht), Mund im zweiten, Geiss im dritten. Wer keinen Trumpf zu­geben kann oder darf (wegen der Bindung der 5er-Trümpfe an die Stiche), spielt eine leere Karte, sonst eine beliebige Farb­karte.

Diese Art, die drei ersten Stiche zu spielen, entspricht der im geregelten Räuber im Cego und Dreierles.

Mutmassliche Variante Jeu du Tarot

Thierry Depaulis (2024) berichtet von Noti­zen für ein Jeu du Tarot (Tarockspiel) mit 54 Kar­ten in fran­zösischer Hand­schrift in die ein Tarock des Karten­machers From­mann mit 78 Karten ein­ge­wickelt war. Es handelt sich bei den Karten um ein zwischen ca. 1840 und 1880 her­ge­stelltes Ansichtentarock. Auf dem Geiss haben diese Blätter die Auf­schrift «Main­zer Car­ne­val 1839».

Wert der Karten

Der Gstiess heisst Squies (aus­gespr. «Skies») oder Excuse (wie im Franz. Tarot). Die Karten haben die gleichen Werte wie bisher, werden jedoch in 3er-Lagen ge­zählt: Vom Wert von je 3 Karten wird 2 abgezogen. Vom Wert einer oder zwei überzähliger Karten wird 1 abgezogen. Der Gesamtwert der Karten ist 70. Der Alleinspieler gewinnt mit 35 und einer Karte. Spielwert ist: Dif­fe­renz der Ver­lierer zu 35, ohne Rest geteilt durch 5, plus 1.

Spielerzahl, Geben

Es spielen 3 bis 7. Gegeben wird (in Klammern der Dapp, frz. Ecart):

3 Spieler:  (6), 3, 3, 3, 3, 4  =  16  (6)
4      »  (6), 3, 3, 3, 3  =  12  (6)
5      »  (3), 3, (3), 3, (3), 3  =  9  (9)
6      »  (6), 3, (6), 4  =  7  (12)
7      »  (6), 3, (6), 3  =  6  (12)

Die Notizen geben an: «hon­neurs» dürfen nicht abgelegt werden, es sei denn der Spieler halte deren 4. Im Spiel zu siebt gibt es keine Einschränkung für das Ablegen. Im Tarock bezeichnet der Begriff Honneur üblicherweise die 5er. Es gibt jedoch keine Auskunft darüber, was erlaubt wäre, wenn der Alleinspieler mehr als 4 Honneurs hält. Es kann andererseits gemeint sein: Wenn der Spieler alle 4 Könige hält kann er sie alle ablegen, 5er-Trümpfe dürfen nie abgelegt werden. Das wäre jedenfalls die Regel im Wallis. In Baden be­zeich­net hon­neur einen König, gern ver­ball­hornt zu sowas wie «Han­nes» oder «Hanor», nie einen Trumpf-5er.

Mehr teilen die Notizen nicht mit.

Die Kar­ten­ver­teilung bei 6 und 7 Spie­lern macht wahr­schein­lich, dass es sich um Dap­pen handelt. Die Grundregeln des Spiels werden als bekannt vorausgesetzt: Rang und Abspiel der Karten, Spielarten, Rolle des Squies. Der Squies ist sicherlich höchster Trumpf, aber ob man ihn wie in Furtwangen squiesieren kann, ist nicht bekannt.

Die Notizen enthalten keinen Hin­weis auf Solo oder Ulti. Im Wallis hat Solo den dop­pel­ten Spielwert wie der Dapper.

Kulturgeschichte

Entdeckung. Obwohl das Dappen mutmasslich seit dem 18. Jh. im Schwarzwald gespielt wird, wurde es erst im Jahr 2024 von Achim Laber beschrieben. (Laber 2024)

Schwarzwald – Wallis. Das Spielformat einer gegen alle mit grossem Talon zur Unterstützung, und vor allem die Varianten von Furt­wan­gen und Schollach, mit der Doppelrolle des Gstiess wahl­weise als höchster Trumpf oder Ab­leger, ver­bin­den das Schwarzwälder Dappen mit den Tapp­spielen im schweizer Wallis. (McLeod, Troggu; Dummett/McLeod 2004, Spiele 15.1, 15.2)

Gibt es eine Verbindung zwischen dem Wallis und dem Schwarzwald?

Tarock in Deutschland. Es gibt keine Hinweise, dass das Tarockspiel vor 1720 nach Deutschland gelangt ist, also zunächst nach Baden und Vorderösterreich (das spätere Südbaden). (Depaulis 2010) Im Elsass spielte man ab ca. 1680 Tarock. (Depaulis 2023, S. 163ff.) Nachdem es bekannt geworden war hat sich ab 1730 das Tarock in ganz Deutschland sehr schnell verbreitet. Vor allem das Grosstarock, ein Spiel zu dritt, jeder gegen jeden, wird ab Mitte des 18. Jh. in vielen Spielbüchern beschrieben (zuerst: Alscher, RTS).

Rolle des Gstiess. Im Grosstarock hat der Gstiess (Sküs, Ski u.ä.), wie im modernen frz. Tarot und weiterhin in den ital. Varianten, die Rolle als Ableger, eine Karte, die nach Belieben vorgezeigt und zu den eigenen Stichen abgelegt werden kann. (Adelung 1793) Einen Hinweis dafür, dass es in der Schweiz möglicherweise schon im frühen 18. Jh. üblich war, den Gstiess stattdessen als höchsten Trumpf zu verwenden, geben einige italienischfarbige Tarocke aus Rouen und Brüssel (anachronistisch «Belgische Tarocke» genannt). Hier trägt der Gstiess die Nr. XXII (22) und die Banderole den Text «Cartes des Suisse» – verwendet wurden diese Karten in der Schweiz allerdings nie. (Dummett/McLeod 2004, S. 404–406; Depaulis 2013, S. 51) Um 1830 war im Elsass der «Narr» genannte Gstiess «der stärkste Trumpf» («et son fou, le plus fort des atouts», Depaulis 2023, S. 181).

Studenten. Eine Vermutung darüber, in welcher Beziehung die Spiele aus der Schweiz zu denen in Vorderösterreich stehen könnten ist, dass das Tappen im 18. Jh. von der katholischen Schweiz (Kantone Freiburg im Üechtland und Wallis) dorthin gelangt ist. Jedenfalls teilt Walter Haas mit, dass im 18. Jh. junge Adlige aus dem Kanton Freiburg «in Österreich» studiert haben. (Dummett/McLeod 2009, S. S 14) Ein natürlicher Studienort wäre, angesichts der damaligen Verkehrsverhältnisse, die speziell für katholische Studenten eingerichtete Uni Freiburg im Breisgau. In dem Kantonen Freiburg und Wallis wurden Varianten des Tapptarocks gespielt. (La Tape in Freiburg i. Üe.; Dummett/McLeod 2009, Spiel 15.23)

Angenommen, beim Jeu du Tarot handle es sich ums Dappen, dann geben die Regeln einen Hinweis wie Mitte des 19. Jh. gespielt wurde. Dass im Schwarzwald anfangs des 21. Jh. nicht mehr zu 3, 4 oder 5 gespielt wird mag daran liegen, dass bei dieser Spielerzahl das Cego bevorzugt wird.

Der Autor des Jeu du Tarot notiert die wesent­li­chen Unterschiede des Schwarz­wäl­der zum Walliser Tapp:

  • 54 Karten statt 62;
  • die unterschiedliche Zahl von Karten pro Spieler und im Talon, die sich aus der anderen Karten­zahl ergibt;
  • Wertung der Karten in Dreierlagen auf 70, statt einzeln auf 114.

Die Zählweise der Karten in Dreierlagen und die Spielwertung ist die gleiche wie die Fachzählung im Dreierles und dürfte im 19. Jh. in weiten Teilen von Baden bei allen Tarockspielen üblich gewesen sein. Die Zählweise in Zweierlagen im Hochschwarzwald und Teilen der Baar, sowohl im Dappen als auch im Cego, gibt es mindestens seit dem 20. Jh.

Société des Tappeurs. Dass das Regelwerk auf Französisch verfassst wurde könnte bedeuten: hier hat ein Reisender aus der französischsprachigen Schweiz im Schwarzwald eine Variation des Spiels seiner Heimat wiederentdeckt und Karten und Regeln nach Hause mitgebracht. Eine andere Möglichkeit wäre: ein Elsässer hat die Regeln für eine dortige Spielrunde verfasst. In Strassburg gab es Mitte des 19. Jh. eine Société des Tappeurs und das Spiel erfreute sich offenbar grosser Beliebtheit. (Depaulis 2023, S. 179–182) Das Regelwerk ist sehr sauber geschrieben, man kann es gut auf den Spieltisch legen, als Hinweis auf die Grundregeln.

Dreierles erscheint als eine Variante des Dappen für drei Spieler, in das die schwierigeren Gebote Dreier bis Solo eingeführt worden sind, der eigentliche Dapper (sechs Karten für den Alleinspieler) verschwunden ist und Meldungen von Kartenkombinationen und Pagat- (Geiss-) Ultimo aus dem frühen Grosstarock übernommen worden sind. (McLeod, Dreierles) Alle Spielelemente die das heutige Dreierles auszeichnen findet man schon in der frühesten Quelle für das Format von 1821. (Alscher, ATT; vgl. Dummett/McLeod 2004, Spiele 3.1, 15.3 und 15.4)

Cego. Es ist gut möglich, dass Dappen das Spiel war, welches von badischen Soldaten gespielt wurde, als sie 1805 nach Spanien versetzt wurden. Die grundsätzlichen Spielelemente (Karten und ihr Wert, Spiel der Stiche, Spielform einer gegen alle) sind alle schon da, inklusive eines grossen Dapp. Im Grunde braucht man zur Urform eines Cego nur die Idee Dappen «blind» zu spielen, d.h. den Dapp erst nach Ablage von Handkarten aufzunehmen. Es würde reichen, dass badische Tarockspieler dies zum Beispiel bei Cascarela-Spielern am Nachbartisch nur sehen um auf die Idee zu kommen, das nachzumachen. Von der Grundidee zum späteren badischen Nationalspiel sind danach natürlich noch ein paar Entwicklungsschritte nötig. (McLeod, Cego; Dummett/McLeod 2004, Kap. 17)

Quellen

Literatur

Bilder

  • Adler-Cego. © Altenburger Spielkarten.
  • Mainzer Carneval 1839. Scan: Achim Laber.
  • Schwarzwald-Cego (im Abschnitt Kulturgeschichte). © Anita «Fox» Schwörer.
  • Wappen. Wikimedia.

Service

Dappen-Regel (PDF, 82 KB) als Faltblatt für die Kartenschachtel.

Der Autor dieser Seite ist Ulf Martin. Sie wird von John McLeod john@pagat.com und Ulf Martin betreut.
© Ulf Martin, 2024. Version aktualisiert am: 22 August 2024

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