Dappen

Wappen der Republik Baden
Schwarzwälder Tapptarock

Einleitung

Dappen ist ein unterhaltsames Tarockkartenspiel in grösserer Runde (6 oder 7 Spieler), das in wenigen Orten im Schwarzwald mit Cego-Karten gespielt wird. Die Spieler hat Achim Laber im Jahr 2024 ausfindig gemacht.

Dappen ist, Stand Juli 2024, neben Cego und Dreierles das vierte bekannt gewordene mit Cegokarten aus Baden. Drei davon (Cego, Dreierles und jetzt Dappen) sind echte Tarockspiele, das vierte (Vier-Anderle, Strassenwart usw.) ist eine Variante des Mauschelns. Wegen seiner Einfachheit eignet sich Dappen gut als Einführung in Spiele dieser Gruppe.

Kulturgeschichtlich verbinden besonders das Dappen in Furtwangen im Hochschwarzwald das Spiel mit dem Tarock im südschweizerischen Wallis. Der Fund eines handgeschriebenen Regelblattes (für 3 bis 7 Spieler) in französischer Sprache verweist ausserdem auf Varianten im Elsass.

Die folgenden Regeln basieren auf einem Spielabend in Furtwangen, Mitteilungen von Spielern, teilweise aus heutiger Praxis, teilweise aus der Erinnerung.

Spielziel

Es spielt einer gegen alle anderen und versucht, wenigstens die Hälfte der Kartenpunkte zu gewinnen. Der Alleinspieler kann die Karten eines grossen Talons (Dapp, Leger) zur Verbesserung seiner Hand benutzen.

Das Cego-Blatt

hat 54 Karten. Das am meisten verbreitetste Bild ist heute (in den 2020er Jahren) das Adler-Cego, das einfach Cego heisst.

Die Karten mit den grossen Ziffern und Tierbilden, nummeriert von 1 (Geiss) bis 21 (Mund / Mond) und darüber der Gstiess (oder Stiess, eine Narrenfigur) sind Trumpf.

Geiss Mond Gstiess

Dazu gibt es in den Farben Kreuz ♣, Pik (Schippe) ♠, Herz ♥, Karo (Eckstein) ♦ je 4 Bilder: König, Dame, Ritter (Reiter, Cavalls), Bube.

Auf die Buben folgen die Leeren / Brettle, in den schwarzen Farben (♠♣): 10, 9, 8, 7; in den roten Farben (♥♦): A, 2, 3, 4 (umgekehrte Rangfolge).

Wert der Karten

  • Gstiess, 21, 1* = 5
  • Könige* = 5
  • Damen = 4
  • Ritter = 3
  • Buben = 2
  • andere = 1

*) Könige, Gstiess, 21 und 1 seien 5er genannt.

Die Karten werden paarweise zusammen gezählt und 1 vom Paarwert abgezogen. Überzählige Einzelkarten sind 1 weniger Wert als angegeben. Praktisch paart man, wenn möglich, höherwertige mit einwertiger Karte = höherwertige; übrige einwertige dann paarweise = 1. Dies ist die schnellste Methode und sie vermeidet Klumpen höherwertiger Karten vor dem Mischen für das nächste Spiel. Der Gesamtwert der Karten ist 79, bzw. 78 wenn beide Parteien je eine überzählige Karte haben (möglich im Spiel zu 7).

Zur Aussprache «Stiess» oder «Gstiess»: Im Hochschwarzwald (der einzigen Gegend in Baden, von wo bisher Dappen bekannt ist), spricht man es mit Anlaut-G aus, insgesamt findet man in den Quellen (zu Cego) genauso häufig die Aussprache ohne «G».

Referenz für die Grundregeln sei die

Variante Furtwangen

Nach diesen Regeln haben Sally Prime, John McLeod, Ulf Martin und Achim Laber auf Einladung der Familie Klausmann vertreten durch Mutter Margit, Simone, Nils und Bernd, am 3. Juli 2024 in der Gaststätte Krone in Furtwangen OT Schönenbach gespielt. Dem Spielabend ging ein intensiver Mailwechsel mit Margit Klausmann voraus, um Regeldetails zu klären. Grossen Dank an alle Beteiligten!

«Die Regeln stammen von Margit Klausmann aus Furtwangen, die das Dappen als Kind von ihrem früh verstorbenen Vater aus Schönwald gelernt hat. Durch ihre Schwiegermutter aus Neukirch wurde das Spiel wiederaufgefrischt. Nach ihren Erinnerungen handelte es sich dabei um identische Regeln. Im Familienkreise mit den Großeltern und ihren 5 Kindern wird es regelmäßig gespielt. In Furtwangen gibt es eine Gruppe älterer Frauen die sich einmal im Monat in einem Lokal treffen und es dort spielen.» (Achim Laber)

Spielerzahl, Geben

Es gibt 6 oder 7 aktive Spieler. Spielrichtung ist rechtsherum, gegen den Uhrzeiger. Bei 8 Spielern setzt der Geber jeweils aus. Es muss verabredet werden, ob ein nichtspielender Geber zur Gegenpartei zählt oder nicht an der Zahlung des Spielergebnisses teilnimmt. Der Geber mischt und lässt links abheben.

Im Spiel zu sechst gibt der Geber zuerst jedem 4, legt dann 6 dapp (verdeckt auf den Tisch), dann jedem nochmal 3 (zusammen 7) und legt nochmal 6 dapp (insgesamt 12). Im Spiel zu siebt gibt er jedem 3, 6 dapp, nochmal jedem 3 und 6 dapp.

Nach den Spiel gibt der Spieler rechts vom alten Geber zum nächsten Spiel.

Als nächstes wird festgelegt, wer allein gegen alle anderen spielt.

Solofrage

Beginnend mit Vorhand, dem Spieler rechts vom Geber sagen die Spieler der Reihe nach, ob sie Solo spielen wollen. Im Solo nimmt der Alleinspieler den Dapp nicht auf, er bleibt bis nach Spielende verdeckt liegen, zählt jedoch in der Regel zugunsten des Alleinspielers. Wer kein Solo spielen will, sagt sowas wie «Fort Solo!». Will jemand Solo spielen, ist die Bietrunde zu Ende.

Dappen und Strecken

Will niemand Solo spielen, erklären die Spieler der Reihe nach ob sie dappen wollen. Wer das nicht will sagt wieder «Fort!» oder «Weg!». Vorhand fängt wieder an. Ein Spieler dappt indem er den verdeckten Dapp mit der Hand langsam zu sich hin zieht und sich dabei umsieht, ob wer mitbieten will. Will ein folgender Spieler ebenfalls spielen, sagt er «Ich strecke!». Der Spieler, der gedappt hat, kann das Spiel behalten indem er den Dapp aufnimmt (und ggf. dabei «Selber!» sagt), sonst lässt er den Dapp los und überlässt dem Strecker das Spiel (und sagt «Gut!»).

Weitere Steigerungen als Dappen und Strecken gibt es nicht.

Pflichtdappen

Es gibt zwei Fälle, in denen ein Spieler dappen muss, wenn das vor ihm keiner getan hat.

(a) Der Spieler hält zusätzlich zu seinem höchsten Trumpf mindestens soviele Trümpfe, wie zum Rang des Gstiess fehlen: Gstiess allein (oder mit weiteren Trümpfen), 21 und wenigstens ein weiterer Trumpf, 20 und wenigstens zwei, 19 und drei, usw.

(b) Der Spieler ist vorletzter aktiver Spieler in der Reihe (Spieler direkt vorm Geber, wenn der mitspielt; zweitletzter, wenn der Geber pausiert).

Pflichtdappen nach Position des Spielers (b) ist automatisch. Hätte ein Spieler nach Trümpfen dappen müssen (a), das aber versäumt, und wird das im laufenden Spiel bemerkt, dann wird das Spiel abgebrochen und der Säumling zahlt einen einfachen Marsch (er hat sein nicht gemeldetes Dappen ohne Stich verloren).

Die Regeln für das Pflichdappen garantieren, dass es einen Alleinspieler gibt und wenigstens ein weiterer Spieler prinzipiell die Möglichkeit zu strecken hat. Regel (a) bedeutet, dass der Pflichtdapper mindestens einen Stich macht, wenn der Strecker seine Trümpfe von oben herunter spielt, weil der Dapper irgendwann den höchsten Trumpf hält. Da der Strecker zum ersten Stich anspielt und solange am Spiel bleibt, wie er Stiche macht, bedeutet das wiederum, dass er nach einem Pflichtdapper keinen Marsch machen kann (den der Dapper z.T. allein zahlen müsste).

Dapp aufnehmen

Im Dappen und Strecken nimmt der Alleinspieler den Dapp in seine Hand auf, ohne die Karten den anderen zu zeigen, und drückt (legt verdeckt ab) 12 Karten seiner Wahl. Ausnahme: 5er drücken ist nicht erlaubt!

Sieben-5er-Marsch

Hält der Alleinspieler als Solist oder nach Dappaufnahme alle sieben 5er, dann zeigt er diese vor und wird von allen bezahlt, als hätte er einen Marsch (alle Stiche) gewonnen.

Spiel der Karten

Der Alleinspieler (nicht Vorhand) beginnt und spielt eine Karte seiner Hand offen auf den Tisch. Die anderen Spieler legen der Reihe nach eine Karte offen dazu.

Die angespielte Farbe oder ein angespielter Trumpf muss bedient werden. Wer nicht bedienen kann muss Trumpf spielen. Wer weder bedienen noch trumpfen kann, spielt eine beliebige Karte.

Den Stich gewinnt der höchste Trumpf; wenn kein Trumpf gespielt wurde, die höchste Karte der angespielten Farbe.

Der Stichgewinner spielt zum nächsten Stich aus.

Spiel des Gstiess (Gstiesieren)

Der Gstiess hat eine Doppelrolle. Normalerweise ist er höchster Trumpf (effektiv die 22).

Gstiesieren. Hält ein Gegenspieler den Gstiess als einzigen Trumpf und müsste ihn zugeben weil Trumpf gefordert, dann kann er ihn verleugnen und eine beliebige andere Karte spielen (z.B. einen wertvollen König, wenn die eigene Partei sowieso den Stich macht). In diesem Fall verliert der Gstiess seine Stichkraft aber nicht seinen Wert. Er muss nun bis zum im letzten Stich behalten werden, wird dann vorgezeigt und zu den Stichen der eigenen Partei abgelegt. Angesagt wird Gstiesieren nicht. Falls der Gstiesierer eigentlich zum letzten Stich anspielen müsste, macht dies stattdessen der Spieler zu seiner Rechten. Gewinnt der Alleinspieler den letzten Stich, müssen die Gegenspieler ihm eine (wenn möglich einwertige) Karte aus ihren Stichen geben (damit die Kartenzahl im Stich richtig ist).

Als Gstiesieren zählt nicht, wenn sein Halter ihn im letzten Stich spielt weil er vorher andere Trümpfe bei Trumpfforderungen spielen konnte. Dann ist der Gstiess höchster Trumpf und gewinnt den Stich.

Wertung

Der Dapp zählt zu den Stichen des Alleinspielers wenn dieser wenigstens einen Stich macht, sonst fällt er an die Gegenspieler.

Nach dem Spiel zählen beide Parteien den Wert ihrer Karten. Die Gegenspieler verlieren, wenn sie 39 oder weniger Kartenpunkte haben.

Der Wert des Spiels ist: Differenz der Verlierer zu 40, gerundet auf das nächste Vielfache von 5, mindestens auf 5, mal Spielfaktor.

Der Spielfaktor ist

  • 1 für verlorenes Solo und Dappen (gewonnen oder verloren),
  • 2 für gewonnenes Solo und gestrecktes oder behaltenes Spiel (gewonnen oder verloren).

Der Alleinspieler erhält von jedem oder zahlt an jeden den Wert des Spiels in Cent.

Tabelle: Solo verloren, Dappen

39–33  Punkte  =  5  Cent
32–28    »  =  10    »
27–23    »  =  15    »
22–18    »  =  20    »
17–13  Punkte  =  25  Cent
12– 8    »  =  30    »
 7– 3    »  =  35    »
 2– 0    »  =  40    »

Tabelle: Solo gewonnen, gestrecktes oder gehaltenes Spiel

39–33  Punkte  =  10  Cent
32–28    »  =  20    »
27–23    »  =  30    »
22–18    »  =  40    »
17–13  Punkte  =  50  Cent
12– 8    »  =  60    »
 7– 3    »  =  70    »
 2– 0    »  =  80    »

Marsch

Wenn der Alleinspieler alle Stiche macht, zahlen dies normalerweise alle Gegenspieler (40 bzw. 80 Cent).

Ein Gegenspieler muss allerdings einen einfachen Marsch des Alleinspielers allein zahlen, wenn er gedappt, gestreckt oder gstiesiert hat, denn in diesen Fällen war zu erwarten, dass er einen Stich machen und damit den Marsch verhindern konnte. Die andere Hälfte des Marschwertes, wenn das Spiel doppelt zählt, zahlen alle Gegenspieler. Hat ein Gegenspieler gedappt oder gestreckt, und er selber oder ein anderer gstiesiert, zahlen er allein oder beide den ganzen Marsch, die anderen nichts.

Beispiel. Sechs Spieler. Der Alleinspieler hat gestreckt und ist marschiert. Der Marsch zählt also 2 x 40 = 80 Cent pro Gegenspieler (5), insgesamt 4,00 Euro. Der Dapper zahlt davon 5 x 40 + 40 Cent = 2,40 Euro, die anderen vier Spieler je 40 Cent (zusammen 1,60 Euro).

Der Sieben-5er-Marsch wird von allen Gegenspielern bezahlt.

Ulti

Ultikarten sind die Trümpfe 1, 2 und 3. Der Alleinspieler kann versuchen die letzten 1, 2 oder 3 Stiche mit einer Auswahl dieser Karten zu gewinnen, indem der die ausgewählten Karten vor dem Spiel der ersten Karte offen ausgelegt. In den Ultistichen müssen die ausgelegten Karten dann vom höchsten Rang abwärts gespielt werden (z.B. bei Auslage 3 und 1: im vorletzten Stich 3, im letzten 1). Ausgelegte Ultikarten dürfen vor den ihnen zugeordneten Stichen nicht gespielt werden, wenn der Spieler eine andere Möglichkeit hat.

Die Wertung der einzelnen Ultis ist unabhängig voneinander und von den Kartenpunkten. Macht die ausgelegte Karte den zugeordneten Stich, zahlen alle Gegenspieler dem Alleinspieler deren Wert, gelingt das nicht (weil die Karte im zugeordneten Stich verloren geht oder vorher gespielt werden musste) zahlt der Alleinspieler diesen an jeden. Der Wert eines Ultis richtet sich nur nach der ausgelegten Karte (es spielt keine Rolle, ob die Kartenpunkte doppelt zählen): Wert der 1 ist 30 Cent, Wert der 2 ist 20 Cent und Wert der 3 ist 10 Cent.

Fachausdrücke

«Gestohlen» heisst ein Dapp-Gebot, wenn die Handkarten eigentlich nicht für ein Alleinspiel ausreichen und der Bieter hofft, doch noch geeignete Karten zu finden.

«Fahren» tut der Alleinspieler, wenn er Trumpf anspielt um die Trümpfe der Gegenspieler zu ziehen.

Regelvarianten Furtwangen

Geben. Gelegtentlich wird beim Geben der Dapp jeweils zuerst gelegt: 6 dapp, 3 oder 4 je Spieler, 6 dapp, 3 je Spieler.

Halbes oder volles Spiel / Ulti. Ob ein Differenzpunkt 1 Cent (volles Spiel) zählt, wie oben angegeben, ist Abmachungssache; man kann ½ Cent vereinbaren (halbes Spiel). Den Wert der Ultis kann man ebenfalls halbieren (3: 5, 2: 10 und 1: 15 Cent).

Tabelle: Halbes Spiel vor allfälliger Verdopplung

39–26  Punkte  =  5  Cent
25–16    »  =  10    »
15– 6    »  =  15    »
 5– 0    »  =  20    »

Marsch. Manchmal muss der marschverantwortliche Gegenspieler auch im doppelten Spiel den ganzen Marsch allein bezahlen, die anderen nichts. Man kann spielen, dass der Marschverantwortliche auch einen Sieben-5er-Marsch halb oder ganz zahlen muss.

Kinderspiel. Es kann ohne Dappenpflicht mit Spitzentrümpfen (a) gespielt werden. – Das gilt in der Familie Klausmann als «Kindervariante».

Geldspiel. In der Familie Klausmanns wird nicht um Geld gespielt, die Münzen dienen nur als Spielmarken. Organisiert wird das so: Jeder Spieler erhält einen Teller mit Münzen im Gesamtwert von 200 Cent (halbes Spiel; beim vollen 500 Cent) in der Stückelung 5-, 10-, 20- und 50-Cent-Münzen. Jeder Teller muss den gleichen Betrag enthalten. Die Münzen werden einer grossen Geldbörse entnommen. Ein oder zwei Extrateller werden bereitgestellt, falls einem die Münzen ausgehen. Nach Spielende zählt man das Ergebnis aus und die Münzen gehen danach wieder zurück in die grosse Geldbörse.

Andere Orte im Hochschwarzwald

Ultis, Pflichtdappen, und Sieben-5er-Marsch sind bisher nur aus Furtwangen bekannt.

Variante Schollach, Schwärzenbach und Haslach

Alois Schuler aus Schollach erinnert das Folgende: Man spielt nur zu sechst, bei sieben setzt der Geber aus. Es gibt die Spiele Solo, Dappen und Strecken (gegen Dappen), kein Stupfen. Wie in Furtwangen ist Gstiesieren möglich. Ultis gibt es nicht.

Aus Schwärzenbach ist nur bekannt, dass man gstiesieren konnte.

Sabine Abele-Hipp berichtet, dass man in Haslach im Kinzigtal Dappen gespielt hat. Leider ist über die Regeln nichts bekannt.

In den folgenden Varianten ist der Gstiess immer nur höchster Trumpf.

Variante von Breitnau

Dies ist die Variante, die Willi Wangler aus seiner Jugend kennt.

Es gibt nur 6 aktive Spieler. Zu 7 setzt der Geber aus.

Zuerst kommt wieder die Solofrage. Will niemand Solo spielen, erklären die Spieler der Reihe nach ob sie dappen. Falls ein Spieler dappt und ein folgender Spieler möchte das ebenfalls, kann gesteigert werden: die erste Steigerung heisst Strecken, die zweite Stupfen. Der Spieler, der vorher geboten hat, kann die Steigerung halten («selber»), dann kann der Steigerer nochmals höher bieten.

Will niemand Solo spielen oder dappen, werden die Karten zusammen geworfen («Das Spiel kommt ins Loch»), der nächste gibt.

Der Wert des Spiels ist: Differenz der Verlierer zu 40, mal Spielfaktor, aufgerundet auf den nächsten 10er. Der Spielfaktor ist: Solo 2 (gewonnen oder verloren), Dappen 1, Strecken 2, Stupfen 3.

Beispiel. Der Alleinspieler hat gestreckt und 34 Kartenpunkte: Differenz zu 40 ist 6, mal 2 ist 12, aufgerundet auf 20. Hätte der Alleinspieler 36 Kartenpunkte, wären es 4 mal 2 = 8 aufgerunde zu 10.

Variante Buchenbach

«Die Regeln stammen von Thomas Eckmann der ursprünglich aus Buchenbach kommt.» (Achim Laber)

Man spielt nur zu sechst.

Gegen ein Solo kann ein anderer Spieler strecken und den Dapp aufnehmen. Strecken kann weder gesteigert noch gehalten werden.

Wenn kein Solo geboten wurde, sind die Steigerungen des Dappen:

  • Ein Hannes: Der Alleinspieler hält einen König (Hannes).
  • Zwei Hannes: Der Alleinspieler hält zwei Könige.
  • Geiss: Der Alleinspieler hält 1.

Da die gehaltenen Karten 5er sind, dürfen sie nicht gedrückt werden. Der vorige Bieter kann das höhere Gebot halten, worauf der andere das nächsthöhere Spiel bieten kann usw. Die genannten Beduingungen müssen dazu erfüllt sein. Sprunggebote (Zwei Hannes nach Dappen, Geiss nach Ein Hannes) sind nicht erlaubt. Ein höheres Spiel, als das zuletzt gebotene, darf der Alleinspieler nicht ansagen.

In den ersten drei Stichen muss Trumpf gespielt werden. Diesen Stichen sind die 5er-Trümpfe zugeordnet: Gstiess muss im ersten Stich gespielt werden (Gstiesieren gibt es nicht), Mund im zweiten, Geiss im dritten. Wer keinen Trumpf zugeben kann oder darf (wegen der Bindung der 5er-Trümpfe an die Stiche), spielt eine leere Karte, sonst eine beliebige Farbkarte.

Diese Art, die drei ersten Stiche zu spielen, entspricht der im geregelten Räuber im Cego und Dreierles.

Die Berechnung des Spiels geht wie in Breitnau, der Spielfaktor ist: Solo gewonnen 1, verloren 2; Strecken 2; Dappen 1, ein Hannes 2, zwei Hannes 3, Geiss 4.

Mutmassliche Variante Jeu du Tarot

Thierry Depaulis (2024) berichtet von einem Regelblatt für ein Jeu du Tarot (Tarockspiel) mit 54 Kar­ten in fran­zösischer Hand­schrift in die ein Tarock des Karten­machers From­mann mit 78 Karten ein­ge­wickelt war. Es handelt sich bei den Karten um ein zwischen ca. 1840 und 1880 her­ge­stelltes Ansichtentarock. Auf dem Geiss haben diese Blätter die Auf­schrift «Main­zer Car­ne­val 1839».

Wert der Karten

Der Gstiess heisst Squies (aus­gespr. «Skies») oder Excuse (wie im Franz. Tarot), die anderen beiden 5er-Trümpfe schlicht Vingt et un (21) und Un (1). Die Bildkarten heissen Roi, Dame, Cavalier und Valet. Karten mit Zählwert grösser 1 sind cartes marquantes. Die Karten haben die gleichen Werte wie bisher, werden jedoch in 3er-Lagen ge­zählt: Vom Wert von je 3 Karten wird 2 abgezogen. Vom Wert einer oder zwei überzähliger Karten wird 1 abgezogen. Der Gesamtwert der Karten ist 70. Der Alleinspieler gewinnt mit 35 und einer Karte. Spielwert ist: Dif­fe­renz der Ver­lierer zu 35, ohne Rest geteilt durch 5, plus 1.

Spielerzahl, Geben

Es spielen 3 bis 7. Gegeben wird (in Klammern der Dapp, frz. Ecart):

3 Spieler:  (6), 3, 3, 3, 3, 4  =  16  (6)
4      »  (6), 3, 3, 3, 3  =  12  (6)
5      »  (3), 3, (3), 3, (3), 3  =  9  (9)
6      »  (6), 3, (6), 4  =  7  (12)
7      »  (6), 3, (6), 3  =  6  (12)

Die Notizen geben an: «honneurs» dürfen nicht abgelegt werden, es sei denn der Spieler halte deren 4. Im Spiel zu siebt gibt es keine Einschränkung für das Ablegen. Im Tarock bezeichnet der Begriff Honneur üblicherweise die 5er. Es gibt jedoch keine Auskunft darüber, was erlaubt wäre, wenn der Alleinspieler mehr als 4 Honneurs hält. Es kann andererseits gemeint sein: Wenn der Spieler alle 4 Könige hält kann er sie alle ablegen, 5er-Trümpfe dürfen nie abgelegt werden. Das wäre jedenfalls die Regel im Wallis. In Baden bezeichnet honneur einen König, gern verballhornt zu sowas wie «Hannes» oder «Hanor», nie einen Trumpf-5er.

Mehr teilen die Notizen nicht mit.

Die Kartenverteilung bei 6 und 7 Spielern macht wahrscheinlich, dass es sich um Dappen handelt. Die Grundregeln des Spiels werden als bekannt vorausgesetzt: Rang und Abspiel der Karten, Spielarten, Rolle des Squies. Der Squies ist sicherlich höchster Trumpf, aber ob man ihn wie in Furtwangen squiesieren kann, ist nicht bekannt.

Die Notizen enthalten keinen Hinweis auf Solo oder Ulti.

Kulturgeschichte

Entdeckung. Obwohl das Dappen mutmasslich seit dem 18. Jh. im Schwarzwald gespielt wird, wurde es erst im Jahr 2024 von Achim Laber beschrieben. (Laber 2024)

Schwarzwald – Wallis. Das Spielformat einer gegen alle mit grossem Talon zur Unterstützung, und vor allem die Varianten von Furtwangen und Schollach, mit der Doppelrolle des Gstiess wahlweise als höchster Trumpf oder Ableger, verbinden das Schwarzwälder Dappen mit den Tappspielen im schweizer Wallis. (McLeod, Troggu; Dummett/McLeod 2004, Spiele 15.1, 15.2)

Gibt es eine Verbindung zwischen dem Wallis und dem Schwarzwald?

Tarock in Deutschland. Es gibt keine Hinweise, dass das Tarockspiel vor 1720 nach Deutschland gelangt ist, also zunächst nach Baden und Vorderösterreich (das spätere Südbaden). (Depaulis 2010) Im Elsass spielte man ab ca. 1680 Tarock. (Depaulis 2023, S. 163ff.) Nachdem es bekannt geworden war hat sich ab 1730 das Tarock in ganz Deutschland sehr schnell verbreitet. Vor allem das Grosstarock, ein Spiel zu dritt, jeder gegen jeden, wird ab Mitte des 18. Jh. in vielen Spielbüchern beschrieben (zuerst: Alscher, RTS).

Rolle des Gstiess. Im Grosstarock hat der Gstiess (Sküs, Ski u.ä.), wie im modernen frz. Tarot und weiterhin in den ital. Varianten, die Rolle als Ableger, eine Karte, die nach Belieben vorgezeigt und zu den eigenen Stichen abgelegt werden kann. (Adelung 1793) Einen Hinweis dafür, dass es in der Schweiz möglicherweise schon im frühen 18. Jh. üblich war, den Gstiess stattdessen als höchsten Trumpf zu verwenden, geben einige italienischfarbige Tarocke aus Rouen und Brüssel (anachronistisch «Belgische Tarocke» genannt). Hier trägt der Gstiess die Nr. XXII (22) und die Banderole den Text «Cartes des Suisse» – verwendet wurden diese Karten in der Schweiz allerdings nie. (Dummett/McLeod 2004, S. 404–406; Depaulis 2013, S. 51) Im Elsass war der Gstiess, genannt «Narr» (fou), um 1830 der «stärkste Trumpf». (Depaulis 2023, S. 181)

Studenten. Eine Vermutung darüber, in welcher Beziehung die Spiele aus der Schweiz zu denen in Vorderösterreich stehen könnten ist, dass das Tappen im 18. Jh. von der katholischen Schweiz (Kantone Freiburg im Üechtland und Wallis) dorthin gelangt ist. Jedenfalls teilt Walter Haas mit, dass im 18. Jh. junge Adlige aus dem Kanton Freiburg «in Österreich» studiert haben. (Dummett/McLeod 2009, S. S 14) Ein natürlicher Studienort wäre, angesichts der damaligen Verkehrsverhältnisse, die speziell für katholische Studenten eingerichtete Uni Freiburg im Breisgau. In dem Kantonen Freiburg und Wallis wurden Varianten des Tapptarocks gespielt. (La Tape in Freiburg i. Üe.; Dummett/McLeod 2009, Spiel 15.23)

Angenommen, beim Jeu du Tarot handle es sich ums Dappen, dann geben die Regeln einen Hinweis wie Mitte des 19. Jh. gespielt wurde. Dass im Schwarzwald anfangs des 21. Jh. nicht mehr zu 3, 4 oder 5 gespielt wird mag daran liegen, dass bei dieser Spielerzahl das Cego bevorzugt wird.

Die Zählweise der Karten in Dreierlagen und die Spielwertung ist die gleiche wie die Fachzählung im Dreierles und dürfte im 19. Jh. in weiten Teilen von Baden bei allen Tarockspielen üblich gewesen sein. Die Zählweise in Zweierlagen im Hochschwarzwald und Teilen der Baar, sowohl im Dappen als auch im Cego, gibt es mindestens seit dem 20. Jh.

Société des Tappeurs. Das frz. Regelwerk ist sehr sauber geschrieben, es diente vermutlich als Erinnerung an bestimmte Grundregeln des Spiels. Ähnliches findet man bis heute in Form von Regelkarten, wie sie häufig französischen Tarotblättern, oder Skatkarten beigelegt werden. Die Vermutung geht dahin, dass ein Elsässer die Regeln verfasst hat. In Strassburg gab es Mitte des 19. Jh. eine Société des Tappeurs und das Spiel erfreute sich offenbar grosser Beliebtheit. (Depaulis 2023, S. 179–182)

Welche 54 Karten im Elsass? Aus der Abnutzung einiger Kartenblätter in verschiedenen Sammlungen ergibt sich die Möglichkeit, dass in allen Farben die Leeren Ass, 10, 9 und 8 genutzt wurden. (Laber) Das wäre für Frankreich nicht ungewöhnlich. In einigen Spielen der Triomphe-Gruppe, aber auch z.B. im Tarock von Chambéry, folgt in der Tat auf den Buben das Ass, dann 10, 9, 8 usw. So ist es auch im Écarté, welches im Elsass zum Ende des 19. Jh. noch populär war. (Schneider 1883)

Verbreitung im 19. Jh. Es ist denkbar, dass Dappen vom Rhein bis nach Österreich verbreitet war. Jedenfalls teilt der Katholische Familien-Kalender für das gemeine Jahr 1842 für Wien mit:

«[…] und das Tarock ist bis zu den Kräuterweiblein ausgebreitet, sie machen ihren beliebten Tapper. Man spielte sonst dieses Tarock mit fünfundzwanzig Karten, jetzt tappt man mit sechzehn, auch wohl mit zwölf, in Fünfen sogar mit neun Karten.»

Dreierles erscheint als eine Variante des Dappen für drei Spieler, in das die schwierigeren Gebote Dreier bis Solo eingeführt worden sind, der eigentliche Dapper (sechs Karten für den Alleinspieler) verschwunden ist und Meldungen von Kartenkombinationen und Pagat- (Geiss-) Ultimo aus dem frühen Grosstarock übernommen worden sind. Alle Spielelemente die das heutige Dreierles auszeichnen findet man schon in der frühesten Quelle für das Format von 1821. (Alscher, ATT; vgl. Dummett/McLeod 2004, Spiele 3.1, 15.3 und 15.4) Eine andere Vermutung geht dahin, dass es sich um einen Rückimport aus Österreich in die Gegend von Rastatt handelt. Mitte des 19. Jh. waren Österreicher in der dortigen Bundesfestung stationiert.

Cego. Es ist gut möglich, dass Dappen das Spiel war, welches von badischen Soldaten gespielt wurde, als sie 1805 nach Spanien versetzt wurden. Die grundsätzlichen Spielelemente (Karten und ihr Wert, Spiel der Stiche, Spielform einer gegen alle) sind alle schon da, inklusive eines grossen Dapp. Im Grunde braucht man zur Urform eines Cego nur die Idee Dappen «blind» zu spielen, d.h. den Dapp erst nach Ablage von Handkarten aufzunehmen. Es würde reichen, dass badische Tarockspieler dies zum Beispiel bei Cascarela-Spielern am Nachbartisch nur sehen um auf die Idee zu kommen, das nachzumachen. Von der Grundidee zum späteren badischen Nationalspiel sind danach natürlich noch ein paar Entwicklungsschritte nötig. (Dummett/McLeod 2004, Kap. 17)

Quellen

Literatur

  • ADELUNG, Joh. Chr. 1793. Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Leipzig: Breitkopf. Stichwort «Ableger, der».
  • ALSCHER, Hans-Joachim ed. 
  • Anon. (Mathias JELINEK). «Betrachtungen eines alten Wiener Bürgers über einige Veränderungen in Wien seit fünfzig Jahren.» In: Verein zur Verbreitung guter katholischer Bücher. 1842. Katholischer Familien-Kalender für das gemeine Jahr 1842. S. 70–71.
  • DEPAULIS, Thierry. 2010. «When (and how) did Tarot reach Germany?» The Playing Card, Vol. 39, No. 2.
  • DEPAULIS, Thierry. 2013. Le Tarot révélé. La Tour-de-Peilz: Schweizer Spielmuseum.
  • DEPAULIS, Thierry. 2023. The Cardmakers of Alsace 1441–1870. IPCS Library No. 9.
  • DEPAULIS, Thierry ed. 2024. Jeu du Tarot. Fotokopie und Transkript (PDF, 8 MB). Mitteilung per Email. Engl. Bericht: Dummett/McLeod 2004, Spiel 5.7.
  • DUMMETT, Michael / MCLEOD, John. 2004. A History of Games Played with the Tarot Pack. Lewinston, Queenston, Lampeter: Edwin Mellen.
  • DUMMETT, Michael / MCLEOD, John. 2009. Supplement (to Dummett/McLeod 2004). Oxford: Maproom. tarotgame.org
  • LABER, Achim. 2024. Das Dappen. Hinterzarten. Erstes schriftliches Regelwerk. Laber hat das Dappen im Februar 2024 entdeckt (in dem Sinn, dass er der Welt davon Mitteilung gemacht hat; vorher wussten nur die Spieler selber, dass es das Spiel gibt) und hat die Kontakte zu den Spielern vermittelt. cego.de
  • MCLEOD, John ed. pagat.com
  • SCHNEIDER, August. 1883. Elsässische Kartenspiele. Strassburg. (Internet Archive)

Bilder

  • Adler-Cego. © Altenburger Spielkarten.
  • Mainzer Carneval 1839. Scan: Achim Laber.
  • Schwarzwald-Cego (im Abschnitt Kulturgeschichte). © Anita «Fox» Schwörer.
  • Wappen. Wikimedia.

Service

Dappen-Regel (PDF, 549 KB) als Faltblatt für die Kartenschachtel.

Der Autor dieser Seite ist Ulf Martin. Sie wird von John McLeod john@pagat.com und Ulf Martin betreut.
© Ulf Martin, 2024. Version aktualisiert am: 20. November 2024

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