Nap

In diesem Regelwerk geht es um das britische Spiel Napoleon, kurz Nap. (Es gibt ein vollkommen anderes Spiel mit dem Namen Napoleon in Japan, das auf einer eigenen Seite beschrieben wird.)

Nap ist ein von den Regeln her unkompliziertes reines Stichspiel für 3 bis 10 Spieler. Jeder erhält 5 Karten, es gibt einen Alleinspieler, der Trumpf bestimmt und sich verpflichtet, eine gebotene Zahl von Stichen zu gewinnen, je mehr desto höher der Wert des Spiels. Die anderen Spieler versuchen gemeinsam den Sieg des Alleinspielers zu verhindern. Üblicherweise spielt man um kleine Beträge, die nach jedem einzelnen Spiel bezahlt werden.

Das Spiel ist im späten 19. Jahrhundert aufgekommen. Es ist am Anfang des 21. Jh. vielleicht nicht mehr so populär wie einst, wird jedoch immer noch in einigen Gegenden Südenglands, in der schottischen Region Strathclyde und mutmasslich in anderen Orten Grossbritanniens gespielt.

Es gibt vermutlich eine Verbindung zu Norddeutschland. Jedenfalls hat Günther Senst darauf hingewiesen, dass das Spiel Fiepsen einige Ähnlichkeiten mit der Nap-Variante mit Floater hat. Fiepsen ist möglicherweise eine eigenständige Weiterentwicklung von Nap.

(Hinweise auf Foster im Folgenden nach: R. F. Foster, Foster’s Complete Hoyle, New York 1909: F. A. Stokes, S. 307–312.)

Karten

Grundsätzlich wird das normale Romméblatt mit 52 Karten verwendet, die in der üblichen Reihenfolge von oben rangieren:

A K D B 10 9 8 7 6 5 4 3 2.

Heutzutage wird das Blatt je nach Spielerzahl gerne gekürzt, indem die unteren Ränge entfernt werden. Zum Beispiel könnten 4 oder 5 Spieler ein Skatblatt verwenden (Ränge unterhalb von 7 fehlen). 3 Spieler könnten nur 24 Karten verwenden (8en und niedriger fehlen) usw.

Geben

Das Spiel geht linksherum, im Uhrzeigersinn. Der erste Geber wird gelost, nach jedem Spiel ist der Spieler links vom Geber neuer Geber.

In den meisten Spielerzirkeln werden die Karten nur am Anfang einer Spielsitzung und nach einem erfolgreichen Gebot von 5 Stichen (Nap oder besser) gemischt. Ansonsten werden nur die Karten vom letzten Spiel aufgenommen und vom Spieler rechts vom Geber abgehoben. Der Geber gibt jedem 5 Karten in 2 Runden, erst jedem der Reihe nach 3, dann 2; oder erst 2, dann 3.

Bieten

Es beginnt der Spieler links vom Geber. Die Bietrunde geht einmal rum, jeder kann nur einmal sprechen.

Wer ein Gebot machen will, muss das bisherige Höchstgebot überbieten. Die möglichen Gebote sind, von unten nach oben: Drei, Vier, Fünf (auch Nap genannt) und Wellington. Mit den numerischen Geboten gibt der Spieler die Zahl der Stiche an, die er machen will. Das Gebot fünf Stiche zu machen heisst «Nap» (Kurzform für «Napoleon»). Das Gebot «Wellington» ist ebenfalls ein Gebot auf 5 Stiche, es kann nur nach Nap geboten werden und hat einen höheren Wert.

Wenn alle passen, gibt es kein Spiel, die Spieler werfen die Karten zusammen, der nächste Geber gibt zum neuen Spiel.

Spiel der Karten

Der höchste Bieter ist Alleinspieler und spielt die erste Karte an. Die angespielte Farbe ist automatisch Trumpf.

Jeder Spieler tut der Reihe nach eine Karte dazu. Es muss Farbe bedient werden, wer nicht bedienen kann spielt eine beliebige Karte. Der höchste gespielte Trumpf gewinnt den Stich, wenn keiner gespielt wurde, die höchste Karte der angespielten Farbe. Wer einen Stich gewonnen hat spielt zum nächsten an. (Das geht also wie im Bridge, Skat, Doppelkopf usw.)

Wertung

Es geht nur darum, ob der Alleinspieler die gebotene Zahl von Stichen gewinnt oder nicht. Falls ja erhält er von jedem Mitspieler den Wert des Spiels bezahlt, wenn nein, zahlt er den Wert an jeden Spieler. Es wird ein Preis für die Werteinheit abgemacht. Der Wert des Spiels hängt vom Gebot ab:

Gebot Wert
3 3
4 4
5 (Nap) 5
Wellington 10

Varianten

Zusätzliche Gebote

Einige Spielerzirkel erlauben zusätzliche Gebote:

Zwei. Der Bieter will nur zwei Stiche machen. Rangiert unterhalb von Drei. Wert: 2 Einheiten.

Mis (Kurzform von Misère). Der Bieter will keinen Stich machen, wird er Alleinspieler und macht einen, hat er verloren. Es gibt keinen Trumpf, der Alleinspieler spielt jedoch zum ersten Stich an (Foster). Rangiert zwischen Drei und Vier. Wert: 3 Einheiten.

Blücher. Wie Nap und Wellington ein Gebot alle Stiche zu machen. Kann nur nach Wellington geboten werden und ist 20 Einheiten wert.

NB. Die Bezeichnungen Napoleon, Wellington und Blücher spielen auf die Schlacht von Waterloo 1815 an. Der englische General Wellington war in der Schlacht gegen Napoleon Bonaparte in Schwierigkeiten und hoffte auf die Ankunft der preussischen Armee unter Führung von General Blücher («Ich wollte es wäre Nacht oder die Preussen kämen.»).

Bezahlung, Pott, Kauf-Nap, Widow Nap

Einige Runden verdoppeln den Wert der Fünf-Stich-Spiele (Nap, Wellington, Blücher) wenn sie gewonnen werden (auf 10, 20 bzw. 40 Einheiten), aber nicht, wenn sie verloren gehen.

In Amerika war es um 1900 üblich, dass alle Fünf-Stich-Spiele im Erfolgsfall den Wert 10 hatten, aber 5, 10 bzw. 20, wenn sie verloren wurden. (Foster)

Mit Pott (Pool). Es gibt einen Pott, in den jeder Spieler vor dem Kartengeben einen Einsatz zahlt (1 oder 2 Einheiten). Der Pott wird vom nächsten erfolgreichen Fünf-Stich-Bieter (Nap oder besser) gewonnen. Verliert der Spieler ein Fünf-Stich-Gebot muss er den Pottinhalt verdoppeln (Foster). (Nach Foster wurde der Pott auch für Strafzahlungen verwendet: 5 Einheiten in den Pott für falsches Bedienen, 2 für Spielen ausser der Reihe. Es war ausserdem üblich, dass der jeweilige Geber einen Extrabetrag zahlte, etwa: jeder Spieler 2 Einheiten, Geber 2 Extra.)

Kauf-Nap (Purchase Nap). In dieser Variante gibt es einen Pott und Spieler können ihr Blatt verbessern. Nachdem die Karten gegeben sind, aber bevor die Gebotrunde losgeht kann, wer will, einen vereinbarten Betrag (typischerweise 1 Einheit) in den Pott tun und eine beliebige Zahl von Karten ablegen; er erhält danach eine entsprechende Zahl neuer Karten vom Stapel. (Foster gibt an, dass für jede gekaufte Karte eine Einheit in den Pott gezahlt werden musste.)

Widow Nap. Foster berichtet von einer Variante in der eine Extrahand von 5 Karten ausgegeben wurde, die «Witwe» (widow). Ein Spieler konnte, wenn die Bietrunde zu ihm kam, diese Extrahand aufnehmen, von seinen nunmehr 10 Karten 5 ablegen, und musste dann mindestens Nap bieten.

Nap mit Floater

In den folgenden Varianten gibt es neben den Handkarten eine einzelne Extrakarte, den floater (Schwimmer, hier besser «Wechsler»), die der Alleinspieler zur Verbesserung seiner Hand verwenden kann.

Die erste Variante wurde von Darren Holmes mitgeteilt, sie wird in Südengland gespielt, insbesondere in Hastings (Grafschaft Sussex) und Reading (Berkshire). Michael Harris berichtet, dass er in den 1960er-Jahren in Teesside (Durham und Yorkshire, Nordengland) mit Floater gespielt hat, damals mit dem vollen Satz von Geboten wie oben in den Varianten vorgestellt (incl. Zwei und Misère; leider ist das genaue Wertungssystem nicht überliefert).

Karten

Es wird grundsätzlich mit gekürztem Blatt gespielt, nach folgender Tabelle (Ränge unter dem niedrigsten Kartenrang werden entfernt):

Spielerzahl Kartenzahl Niedrigster
Kartenrang
3 20 10
4 24 9
5 28 8
6 32 7
7 36 6

Geben, Pott

Die Karten werden nur zu Beginn der Spielsitzung und nach einem erfolgreichen Fünf-Stich-Gebot gemischt.

Bevor die Karten ausgegeben werden, zahlt jeder 1 Einheit in einen Pott, auch Kitty genannt. Jeder erhält dann 5 Karten und eine Karte wird verdeckt in als Floater die Mitte gelegt.

Gebote

Es beginnt wieder der Spieler zur Linken des Gebers mit dem Bieten. Bevor ein Spieler ein Gebot macht, kann er, gegen Zahlung einer weiteren Einheit in den Pott, den Floater ansehen (ohne ihn den anderen zu zeigen).

Jedes Gebot kann mit oder ohne Floater gemacht werden. Bei einem Spiel mit nimmt der Alleinspieler den Floater in die Hand auf und legt eine unpassende Karte ab, bevor er zum ersten Stich anspielt. Ein Gebot ohne überbietet ein gleichartiges mit.

Man beachte, dass man mit bieten kann, ohne sich den Floater angesehen zu haben, und umgekehrt ohne bieten kann, nachdem man sich den Floater angesehen hat (zum Beispiel weil man weiss, dass einem der Floater nicht hilft).

Die möglichen Gebote in aufsteigender Ordnung sind:

Vier mit/ohne. Der Bieter will 4 Stiche gewinnen. Gewinnt im Erfolgsfall 2 Einheiten von jedem Mitspieler. Zu zahlen im Verlustfall 2 × Spielerzahl in den Pott.

Nap mit/ohne. Der Bieter will alle 5 Stiche gewinnen. Gewinnt im Erfolgsfall den Pott und 5 Einheiten von jedem Mitspieler. Zu zahlen im Verlustfall 5 × Spielerzahl in den Pott.

Bonaparte mit/ohne. Der Bieter will alle 5 Stiche gewinnen, muss jedoch seinen niedrigsten Trumpf im ersten Stich anspielen. Gewinnt im Erfolgsfall den Pott und 10 Einheiten von jedem Mitspieler. Zu zahlen im Verlustfall 10 × Spielerzahl in den Pott.

Wellington mit/ohne. Der Bieter will alle 5 Stiche gewinnen, muss jedoch seinen niedrigsten Nicht-Trumpf im ersten Stich anspielen. Gewinnt im Erfolgsfall den Pott und 20 Einheiten von jedem Mitspieler. Zu zahlen im Verlustfall 20 × Spielerzahl in den Pott.

In Nap mit Floater sagt der Alleinspieler vor dem Spiel der ersten Karte den Trumpf an (und kann vermutlich eine beliebige Karte anspielen; in Fall eines Wellington-Gebotes muss er einen Nichttrumpf anspielen).

Die Regel, dass der Alleinspieler im Wellington eine Nicht-Trumpf-Karte anspielen muss, bedeutet, dass er «Wellington ohne» nicht mit 5 Trumpfkarten bieten kann. Bei einem Gebot von «Wellington mit» müsste in diesem Fall der Floater ein Nichttrumpf sein, der Alleinspieler müsste ihn aufnehmen, einen Trumpf ablegen und den Floater zum ersten Stich anspielen.

Varianten nach Ken Short

In der Variante aus Aylesbury (Buckinghamshire, Südengland) in den 1970ern gab es kein Wellington-Gebot und «Bonaparte» hiess «Napoleon» (im Unterschied zu «Nap»). In der Variante von Dorset in den 1950ern gab es die Gebote Drei mit/ohne, Vier mit/ohne und Nap mit/ohne, kein Bonaparte oder Wellington. (Leider ist für diese Varianten kein Wertungssystem überliefert.)

Sieben Karten

Auf seiner Nap-Seite hatte Dave Barker eine Variante mit 7 Karten pro Spieler angegeben (Archivseite). Gebote und deren Wert in Klammern sind 3 (3), 4 (4), 5 (10), Mis (10), 6 (18) und 7 (24). Das Gebot «5» heisst «Nap», «Wellington» und «Blücher» gibt es nicht (man könnte die Gebote 6 und 7 so nennen). Verlust bei Spielen von 5 oder höher nur die Hälfte.

NB. Der Wert 24 für 7 Stiche ist etwas unlogisch. 5 Stiche sind 2×5=10 Einheiten wert, 6 Stiche 3×6=18. Man würde erwarten, dass 7 Stiche 4×7=28 Einheiten wert sind. Ausserdem könnte man die Wertlücke zwischen 5 und 6 nutzen um Mis einen eigenen Wert zu geben. Insgesamt könnte das so aussehen:

Gebot Gewonnen Verloren
3 3 3
4 4 4
5 10 5
Mis 14 7
6 18 9
7 28 14
Verantwortlich für die englischsprachige Version dieser Webseite: John McLeod, john@pagat.com. Deutsche Übersetzung von Ulf Martin.
© John McLeod, Ulf Martin 2022. Version aktualisiert am: 24. November 2022

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