Brouc

Brouc ist ein Augenstichspiel für vier Spieler aus l’Etivaz im schweizer Kanton Waadt. Brouc gehört zur Mariage-Gruppe von Kartenspielen, bei denen neben dem Augenwert von Einzelkarten das Paar König-Dame in einer Farbe («Hochzeit», «Marriage») einen Extrawert hat. Brouc unterscheidet sich von den meisten anderen Spielen dieser Gruppe in zwei Aspekten:

  • Es gibt eine «erweiterte Mariage» aus König, Dame und Bube.
  • Mariagen zählen sowohl wenn ein Spieler sie auf der Hand hält (wie es üblich ist), aber auch auf dem Tisch (unüblich).

Das Spiel wurde zuerst 1802 beschrieben und es hat sich seither nicht wesentlich verändert.

Die Regeln von Brouc werden vom Verein Homme de Brouc in französischer Sprache veröffentlicht, die folgende deutsche Beschreibung entspricht unserem derzeitigen Verständnis dieser Regeln..

Karten

Es werden 32 Karten mit französischen Farben benützt, mit gleicher Zusammensetzung und Kartenwerten (Augen) wie in Deutschland das Skatblatt (in Österreich Preferencekarten). In Étivaz werden aus den schweizer Jasskarten die 6er entfernt. Rang und Wert der Karten ist:

A10KD B987
111043 2000

Der laufende Spielstand wird auf einer Schiefertafel notiert, wie auch im schweizer Jass.

Mariagen (Hochzeiten)

Mariagen, zu deutsch Hochzeiten, sind die einfache Mariage aus König und Dame einer Farbe und die erweiterte Mariage wenn dazu der Bube kommt. Der Wert einer Mariage ist 10 Punkte pro enthaltener Karte (also 20 für die einfache bzw. 30 Punkte für die erweiterte Mariage), die Mariage in Trumpf zählt doppelt (einfach 40, erweitert 60 Punkte).

Punkte für die Mariage gibt es

  • wenn ein Spieler sie auf der Hand hält und deren Wert und bei Nichttrumpf die Farbe ansagt (meldet), etwa «Zwanzig in Herz», «Vierzig» usw.; seine Partei muss im Spiel bis dahin wenigstens einen Stich gemacht haben und der Spieler die gemeldeten Karten bei der Ansage immer noch auf der Hand halten (nicht gemeldete Mariagen zählen nichts);

  • für Mariagen auf dem Tisch, d.h. wenn sie sich im Stich befinden.

Mariagen werden der entsprechenden Partei nach Ende des Spiels gutgeschrieben und zwar zählen Mariagen

  • auf der Hand positiv für die meldende Partei;
  • auf dem Tisch positiv für den Stichgewinner und negativ für den Stichverlierer.

Mariagen auf dem Tisch haben damit effektiv den doppelten Wert wie auf der Hand.

Punkte für gemeldete Mariagen werden unten auf der Schiefertafel notiert. Mariagen auf dem Tisch merkt man sich, indem man die niedrigste Karte offen liegen lässt (einfache Mariage: Dame, erweiterte: Bube). Nicht markierte Mariagen werden nicht gewertet.

Spieler, Geben, Trumpf

Es gibt vier Spieler in zwei Parteien, die Partner sitzen einander gegenüber.

Der erste Geber wird gelost. Nach jedem Spiel ist der Spieler rechts nächster Geber. Das Spiel geht im Gegenuhrzeigersinn.

Der Geber mischt die Karten, lässt den linken Spieler abheben und verteilt dann an jeden reihum erst 1, dann 3, dann 4, also insgesamt 8 Karten. Die letzte ausgegebene Karte gehört dem Geber, sie wird umgeschlagen und bestimmt die Trumpffarbe.

Spiel der Karten

Es wird in Stichen gespielt. Der Spieler rechts vom Geber spielt die erste Karte, dann legt jeder eine Karte dazu. Die angespielte Farbe muss bedient werden, wer das nicht kann, spielt entweder Trumpf oder eine beliebige Karte anderer Farbe.

Wer Trumpf spielt, sei es weil Trumpf angespielt wurde und bedient werden muss, sei es weil er stechen möchte, muss überstechen, d.h. einen besseren Trumpf als schon gespielte spielen. Es gibt Ausnahmen:

  • Wenn Trumpf angespielt wurde und der Spieler hält nur noch niedrigere Trümpfe und Karten anderer Farben, dann muss er Trumpf bedienen.
  • Wenn ein Nichttrumpf angespielt und mit Trumpf gestochen wurde, und der Spieler hält nur noch Trumpf, kann aber nicht überstechen, dann spielt er einen beliebigen seiner Trümpfe.
  • Kann ein Spieler, der Trumpf spielen muss, mit König, Dame oder Bube eine Mariage in Trumpf bilden oder erweitern, dann darf er das tun und muss nicht überstechen.

Den Stich gewinnt der höchste Trumpf. Wenn kein Trumpf gespielt wurde, gewinnt den Stich die höchste Karte der angespielten Farbe. Der Gewinner des Stichs spielt zum nächsten an.

Punkte und Partie

Nach einem Spiel werden die Karten- und Mariagepunkte beider Parteien gezählt. Das Ergebnis wird kaufmännisch auf ganze Zehner gerundet, d.h. Endziffern 5 und mehr werden aufgerundet, 4 und weniger werden abgerundet. Es gibt für die Karten insgesamt also normalerweise 120 Punkte, jedoch 130, wenn beide Seiten Endziffer 5 haben, z.B. 75 und 45 macht gerundet 80 und 50. Das Ergebnis wird als Zehnerwert ohne die Endziffer 0 notiert, im Beispiel also «8» und «5». Dadurch, dass Mariagen auf dem Tisch für die Stichverlierer negativ zählen, kann eine Partei Minuspunkte haben.

Die Punkte werden aufsummiert und wer zuerst mehr als 300 Punkte hat gewinnt. Man sagt, die Partei habe «30 und 1». Das kann während eines Spiels passieren und gilt schon bevor gerundet wird. Eine Partie gewinnen kann nur eine Partei, die das auch ansagt. Ein Spieler der glaubt, seine Partei habe «30 und 1» sagt seine Partei sei «draussen» («dehors»). Zum Beispiel wenn seine Partei «23» schreibt und aktuell 71 Augen in ihren Stichen hat, dann wären das insgesamt 301 Punkte und seine Partei hätte gewonnen. Der Ansagende kann die gemeldeten und in Stichen gewonnenen Mariagen hinzuaddieren.

Die Partei, die die Partie verliert, markiert dafür 1 Häkchen (coche) auf der Schiefertafel oder 2 Häkchen, wenn sie weniger als «15» schreibt. Die Seite L’Ardoise zeigt, wie der Spielstand notiert wird.

Sollte sich der Spieler mit seiner «Draussen»-Ansage geirrt haben, dann gewinnt die Gegenseite die Partie, egal wie wenig Punkte sie hat. Die ansagende Partei markiert in diesem Fall die Häkchen, die die Gegenseite markiert hätte, wenn die Ansage richtig gewesen wäre.

La cape (alle Stiche)

La cape. Wenn eine Partei alle Stiche macht, markieren die Verlierer 2 Häkchen. Der Punktestand vor dem Allstichspiel bleibt bestehen. Während des Spiels angesagte Mariagen bleiben ebenfalls stehen und werden dem nächsten Spiel zugeschlagen. Mariagen auf dem Tisch werden dagegen ignoriert.

Es gibt zwei Sonderfälle, wenn die Partei, die alle Stiche machen kann, dadurch dass sie alle 120 Augen gewinnt, ausserdem eine Partie nach Kartenpunkten gewinnen würde. Dann kann sie dies anmelden und die Verlierer erhalten Häkchen für beides, das Allstichspiel und die Partie. Die Mariagen werden in dieser Wertung ignoriert (es würden nur die auf der Hand zählen und zwar im Folgespiel, das nicht mehr stattfindet).

La cape et dehors (in etwa: «Alle Stiche und raus»). Sollte eine Partei «19» oder mehr schreiben und die Möglichkeit haben alle Stiche zu machen, dann hätte sie gleichzeitig die Partie nach Punkten gewonnen. Einer ihrer Spieler muss dies anmelden bevor er seine vorletzte Karte spielt («Je demande la cape et dehors!»). Macht die ansagende Partei alle Stiche, dann hat sie gewonnen, verliert sie einen Stich, dann gewinnt die Gegenpartei. Die Verlierer markieren 3 Häkchen (2 für alle Stiche + 1 für «30 und 1») und die Partie ist zuende.

La cape, dehors et pas dédoublé («Alle Stiche, raus und doppelt»). Wenn eine Partei eine Chance auf alle Stiche und den Partiegewinn nach Kartenpunkten hat («19» oder mehr schreibt), und die andere Partei auf «14» oder weniger steht, kann die Allstich-Partei das wieder anmelden («Je demande la cape, dehors et pas dédoublé!»). Wenn die ansagende Partei alle Stiche macht, hat sie gewonnen, sonst verloren. Die Verlierer schreiben 4 Häkchen und die Partie ist zuende.

Die Anmeldung der Sonderfälle durch einen Spieler, der noch wenigstens zwei Karten hält, ist nötig, ansonsten wird das Spiel wie ein einfaches la cape behandelt, d.h. die gemachten Kartenpunkte werden dann nicht für den Partiegewinn berücksichtigt.

Match. Im Championnat suisse de Brouc, jeden letzten Sonntag im November im Maison de l’Etivaz, geht das Match auf 5 Häkchen.

Historische Regeln

In seinem Salon des jeux gibt Philippe Lalanne seine Interpretation der Regeln von Homme de Brou nach der Académie universelle des jeux (Lyon 1802). Das Spiel wurde demnach in der französischsprachigen Schweiz und in den angrenzenden Teilen Frankreichs bis hin nach Lyon gespielt.

Die Regeln von 1802 entsprechen in fast allen Details denen von 2022, nur die Abrechnung insbesondere der Allstichspiele (damals la vole genannt) war etwas aufwendiger. Lalanne meint, die Stiche wurden wie im Whist oder L’Hombre gespielt (man muss die angespielte Farbe bedienen, wer’s nicht kann, spielt eine beliebige Karte; diese Regel macht Trumpfmariagen auf dem Tisch häufiger möglich), in der Académie steht explizit nichts darüber. Mariagen auf dem Tisch zählen doppelt und werden den Stichgewinnern gutgeschrieben und den Stichverlierern abgezogen, was ihren Wert effektiv vervierfacht.

Seiner Entstehungsgeschichte nach gehört das Spiel zu Experimenten in Frankreich im 18. Jahrhundert, wie man der «natürlichen» Mariage aus Dame und König gleicher Farbe noch Buben hinzufügen könnte. Andere Beispiele wären Marjolet oder Bésigue.

Diese Seite ist ein Beitrag von Ulf Martin und wird von John McLeod john@pagat.com betreut.
© Ulf Martin, 2022. Version aktualisiert am: 8. August 2022

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